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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Wissenschaftler erforschen genetisch bedingtes Ernährungsverhalten anhand von indischem Hähnchencurry

Wissenschaftler der EU-finanzierten Projekte STILTS und NEUROFAST konnten im Rahmen einer neuen Studie belegen, dass Menschen, die eine Mutation in einem bestimmten Gen aufweisen, fetthaltigere Nahrungsmittel bevorzugen und weniger Appetit auf Süßes haben.

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Diese, von der University of Cambridge geleitete Studie ist eine der ersten, die einen direkten Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelpräferenzen und spezifischen genetischen Varianten des Menschen unter Beweis stellen konnten. Die Wissenschaftler bauen auf früheren Studien an Mäusen auf, im Rahmen derer belegt werden konnte, dass die Unterbrechung eines bestimmten Signalwegs, an dem auch der Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R) beteiligt ist, dazu führte, dass Mäuse fetthaltigere Nahrung bevorzugten. Interessanterweise haben diese Mäuse gleichzeitig auch weniger Zucker konsumiert. Chicken Korma und zum Nachtisch Eton mess Einem vor Kurzem in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlichten Artikel zufolge konnten Wissenschaftler der University of Cambridge bei Menschen mit dem MC4R-Gen einen ähnlichen Zusammenhang nachweisen. In einer Studie servierten sie den Teilnehmern ein „All you can eat“-Buffet mit Chicken Korma – einem indischen Hähnchencurry, das zu den Lieblingsgerichten der Briten zählt. Das Buffet umfasste drei verschiedene Chicken Korma-Variationen, die alle sowohl geschmacklich als auch optisch gleichwertig waren. Der Unterschied lag im Fettgehalt: eines beinhaltete 20 % Fett (geringer Fettgehalt), eines 40 % (mittlerer Fettgehalt) und das dritte und kalorienreichste ganze 60 % (hoher Fettgehalt). Im Zuge der Studie wurden neben schlanken und adipösen Probanden auch Personen getestet, deren Adipositas einer Mutation im MC4R-Gen geschuldet ist. (Davon ist etwa einer von hundert fettleibigen Menschen betroffen.) Nachdem alle Probanden jedes Gericht probiert hatten, durften sie sich frei an den drei Chicken Korma-Variationen bedienen. Hierbei gilt zu beachten, dass die drei Gerichte für sie dieselben zu sein schienen und dass ihnen nicht bewusst war, dass der Fettgehalt der einzelnen Varianten unterschiedlich war. Die Wissenschaftler stellten fest, dass zwar alle Gruppen insgesamt in etwa die gleiche Menge zu sich nahmen, doch die Probanden, die die Mutation im MC4R-Gen aufwiesen, aßen insgesamt nahezu doppelt so viel fettreiches Chicken Korma wie die schlanken Probanden und 65 % mehr fettreiches Korma als die fettleibigen Probanden ohne Mutation im Gen. In der zweiten Phase der Studie wurde den Teilnehmern das traditionelle britische Dessert „Eton mess“ serviert, das aus Erdbeeren, Schlagsahne und zerkleinertem Baiser besteht. Auch hier hatten die Teilnehmer die Wahl zwischen drei Varianten. Der Unterschied lag dieses Mal jedoch im Zuckergehalt. Der Fettgehalt war bei allen drei Gerichten derselbe. Die Teilnehmer konnten wieder frei zwischen den Desserts wählen. Dabei zeigte sich, dass sowohl schlanke als auch adipöse Probanden das Dessert mit dem hohen Zuckergehalt den anderen zwei Optionen vorzogen. Die Probanden mit der Mutation im MC4R-Gen waren jedoch weniger begeistert von der zuckersüßen Variante und aßen zudem im Vergleich zu den anderen zwei Gruppen insgesamt deutlich weniger Dessert. Menschen, die diese Mutation im MC4R-Gen aufweisen, nehmen sehr viel schneller zu als andere. Die Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Menschen, deren MC4R-Signalweg gestört ist, tatsächlich unbewusst Nahrungsmittel mit hohem Fettgehalt bevorzugen, und dadurch schneller zunehmen. Schutz vor dem Hungertod „Mit unserer Studie konnten wir beweisen, dass unser Gehirn den Nährstoffgehalt von Gerichten unabhängig von deren Geschmack und der optischen Präsentation erkennen kann“, so Professor Sadaf Farooqi, Leiterin der Studie an der University of Cambridge. „In der Regel wählen wir Nahrungsmittel, die sowohl einen hohen Fettgehalt aufweisen als auch viel Zucker enthalten. Indem wir die Präferenzen bezüglich dieser zwei Nährstoffe in zwei separaten Studien sorgfältig erfasst sowie analysiert und zudem die relativ kleine Gruppe an Menschen mit Mutationen im MC4R-Gen einbezogen haben, konnten wir belegen, dass bestimmte Signalwege im Gehirn Auswirkungen auf Nahrungsmittelpräferenzen haben.“ Prof. Farooqi und ihre Kollegen vermuten, dass sowohl beim Menschen als auch bei Tieren die Signalwege im Gehirn, die den Appetit auf fetthaltigere Nahrungsmittel steigern, im Laufe der Zeit stärker ausgeprägt wurden, um Hungerzeiten besser gewappnet zu sein. „In Zeiten, in denen Nahrungsmittel nur begrenzt zur Verfügung stehen, müssen wir Energie speichern und im richtigen Moment darauf zugreifen können: Ein Gramm Fett liefert doppelt so viele Kalorien wie ein Gramm Kohlenhydrate oder Proteine und kann ganz einfach im Körper gespeichert werden“, führt sie weiter aus. „Ein Signal, das veranlasst, dass wir mehr Fett zu uns nehmen und dafür auf Zucker verzichten, von dem wir ohnehin nur eine bestimmte Menge speichern können, wäre also ein durchaus effektiver Schutz vor dem Hungertod.“ Während das NEUROFAST-Projekt bereits im März 2015 abgeschlossen wurde, soll das ERC-finanzierte Projekt STILTS erst im Dezember 2016 abgeschlossen werden. Weitere Informationen: STILTS-Projektseite bei CORDIS

Länder

Schweden, Vereinigtes Königreich

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