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Studying the bricks of microbial cities: characterization and structural properties of exopolysaccharides and their interaction with proteins and cations in anammox granular sludge

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Stabilität bringt Strategien der Abwasseraufbereitung voran

Die Politik der EU ist darauf ausgerichtet, die Energieeffizienz in Industrieprozessen zu steigern und Abfallstoffe wiederzuverwenden. Dazu ist ein besseres Verständnis der Mechanismen nötig, die diesen biotechnologischen Ansätzen zugrundeliegen.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

In der biologischen Abwasseraufbereitung werden Mikroorganismen eingesetzt, die aus der Umwandlung von Schadstoffen in harmlose Endprodukte Energie gewinnen. Besonders anaerob ammoniumoxidierende (Anammox-)Bakterien haben die einzigartige Fähigkeit, Ammonium und Nitrit in gasförmigem Stickstoff umzuwandeln. Diese Eigenschaft wird bereits dazu genutzt, Stickstoff aus Abwasser mit hoher Ammoniumkonzentration zu entfernen. Aufgrund der geringen Wachstumsrate der Anammox-Bakterien ist für den Betrieb des Reaktors eine effiziente Rückhaltung der Biomasse unerlässlich. So bilden sich große aggregierte mikrobielle Granulate mit hervorragendem Absetzverhalten, die die Reaktorleistung steigern und zur Stabilität der Anammox-Technologien beitragen. Forscher im EU-finanzierten Projekt POLIS wollten den Granulierungsprozess genauer untersuchen und Parameter ausmachen, die die Bildung von granuliertem Anammox-Schlamm beeinflussen. „Unser Ziel war es, den Mechanismus zu entschlüsseln, der für die mechanische Stabilität der Anammox-Bakterien notwendig ist – eine Voraussetzung für die Behandlung von kommunalen Abwässern“, erklärt Projektkoordinator Prof. Malpei. Prozesse der Anammox-Bakterien Die Stabilität eines Granulats hängt mit den Eigenschaften der extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) zusammen, die von Anammox-Bakterien abgesondert werden. Die Forscher von POLIS haben verschiedene Methoden wie Massenspektrometrie und Flüssigchromatographie genutzt, um EPS-Strukturen zu finden und die wichtigsten Mechanismen für Granulatstabilität zu enträtseln. Die Hauptbestandteile von EPS sind Proteine und Polysaccharide einerseits sowie Kationen andererseits. Um deren Interaktion genauer zu untersuchen, wurden moderne rheologische Messmethoden mit Lichtstreuung und Mikroskopie kombiniert. Die Analyse der entnommenen EPS zeigte, dass sie Proteine, Polysaccharide und Fette sowie Nukleinsäuren enthielten. Insgesamt wurden 251 Proteine identifiziert, von denen die meisten Hauptbestandteile der Zellmembranen der Bakterien bildeten. Aus struktureller Perspektive „wird die Erkenntnis, dass EPS amyloidartige Fibrillen sind, dabei helfen, die Bildung und Stabilität von granuliertem Anammox-Schlamm zu verbessern – beide sind Schlüsselfaktoren in gängigen Anwendungen“, knüpft Dr. Tommaso Lotti an, Hauptforscher des Projekts und Träger eines der renommierten Individual Fellowships des Programms „Marie S.-Curie Actions“. Interessanterweise konnten die EPS, die aus dem granulierten Anammox-Schlamm extrahiert wurden, zur Bildung eines viskoelastischen Biomaterials genutzt werden, das in anderen Wirtschaftszweigen zum Einsatz kam. Anhand einer physikalisch-chemischen Charakterisierung des gewonnenen Biomaterials konnten dessen rheologische Eigenschaften als Funktion der EPS-Konzentration bestimmt werden. Die Erkenntnisse über die Zusammensetzung und Funktion der EPS in Anammox-Granulaten werden insgesamt zu einer innovativen Umsetzung von Anammox-basierten Verfahren in kommunalen Aufbereitungsanlagen und der Wiederverwendung des entstehenden granulierten Abfallschlamms beitragen. Förderung der Kreislaufwirtschaft Wo Anammox zum Einsatz kommt, enthält die entstehende Biomasse eine Mischung von Bakterien und EPS, die von den Bakterien abgegeben wird. Momentan wird der Schlamm als Abfall behandelt und die Entsorgungskosten betragen bis zu 50 % der operativen Kosten der gesamten Abwasseraufbereitung. Den Ergebnissen des Projekts POLIS zufolge kann das gewonnene EPS-basierte Biomaterial in anderen Wirtschaftszweigen weiter genutzt werden, was die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Abwasseraufbereitung erheblich steigert. Laut Dr. Tommaso Lotti könnte „dieser Ansatz die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft voranbringen und so dazu beitragen, dass konventionelle Abwasseraufbereitungsanlagen zu effizienten Bioraffinerien umgestaltet werden.“ Die Erkenntnisse aus POLIS zu Anammox-EPS lassen sich auf die Bildung von Biofilmen übertragen. Dadurch wären auch sie für andere Bereiche wie Fouling oder Biokorrosion von Interesse und erhielten so größere wissenschaftliche Bedeutung. In Prof. Malpeis Vision werden die Ergebnisse aus POLIS in Zukunft „von bestehenden Wasserunternehmen und -behörden genutzt, um Forschung und Entwicklung für neuartige Verfahren auf Basis von Biofilmen und Anammox effizienter zu steuern.“

Schlüsselbegriffe

POLIS, extrazelluläre polymere Substanzen (EPS), Abwasser, Bakterien, anaerobe Ammoniumoxidation (Anammox), Biofilm, granulierter Schlamm

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