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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Studie macht Hoffnung auf Ausrottung der Tollwut in West- und Zentralafrika

Die meisten Tollwutfälle bei Hunden in West- und Zentralafrika, so fand man bei einer neuen EU-finanzierten Studie heraus, lassen sich auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückverfolgen, der aller Wahrscheinlichkeit nach vor etwa 200 Jahren durch europäische Ansiedler nach Afrika...

Die meisten Tollwutfälle bei Hunden in West- und Zentralafrika, so fand man bei einer neuen EU-finanzierten Studie heraus, lassen sich auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückverfolgen, der aller Wahrscheinlichkeit nach vor etwa 200 Jahren durch europäische Ansiedler nach Afrika gebracht wurde. Die Studie, die im Fachmagazin Journal of General Virology veröffentlicht wurde, zeigt auch auf, dass sich der Erreger nur selten über ein bestimmtes Gebiet hinaus bewegt. Wenn also Nachbarstaaten zusammenarbeiten, sollte es möglich sein, diese folgenschwere Krankheit aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara zu verbannen. Die EU unterstützte diese Arbeiten über das RABMEDCONTROL-Projekt ("Identifying ecological and epidemiological key factors for rabies dynamics and control in North Africa and implications for rabies status in South West Europe"), das über die Haushaltslinie Internationale Zusammenarbeit des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wird. In Afrika sterben jährlich etwa 24.000 Menschen an Tollwut, wobei die meisten Opfer dieser Krankheit bei Kindern und in ärmlichen, ländlichen Gegenden zu finden sind. Da die meisten dieser Fälle auf Hunde zurückzuführen sind, ist für die Ausrottung der Tollwut von entscheidender Bedeutung, die Krankheit vor allem bei Hunden zu bekämpfen. Leider sind Vorsorge und Behandlung von Tollwut mit hohen Kosten verbunden, weswegen die erforderlichen Ressourcen oft nicht zur Verfügung gestellt werden können. In den europäischen und nordamerikanischen Wildtierbeständen ist der Tollwuterreger zwar umfassend untersucht worden, zur Vielfalt, Verbreitung und zu den Ursprüngen des Hundetollwutvirus in West- und Zentralafrika ist jedoch recht wenig bekannt. In dieser aktuellen Studie haben Wissenschaftler aus Europa, Afrika und den USA 182 Proben des Hundetollwutvirus analysiert, die sie über einen Zeitraum von 29 Jahren in 27 afrikanischen Ländern gewonnen hatten. Ihre Untersuchungen haben gezeigt, dass es zwei Haupttypen des in Afrika vorkommenden Hundetollwutvirus gibt. Das erste, auch "Africa 1" genannt, ist hauptsächlich in Nord-, Zentral-, Ost- und Südafrika verbreitet. Der zweite Virustyp - "Africa 2" - kommt hingegen im Westen und im Zentrum Afrikas vor. Es gibt nur wenige Überschneidungen dieser beiden Virustypen. Aus den Analyseergebnissen geht hervor, dass der Africa-2-Virusstamm um das Jahr 1845 nach West- und Zentralafrika, wahrscheinlich in den Tschad, eingeschleppt wurde. In den folgenden 100 Jahren breitete er sich in Richtung Westen und Süden aus und hatte bald die gesamte Region erfasst. Die Forscher haben erkannt, dass das Muster der Virusverbreitung dem Muster der französischen Kolonialentwicklung in Afrika entspricht. "Im Großen und Ganzen veranschaulicht unsere Studie, wie die Schaffung und Ausweitung von Reise- und Handelswegen zwischen den afrikanischen Ländern im Zuge der Kolonisierung sowie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von der Tollwutverbreitung bei Hunden in großen Gebieten West- und Zentralafrikas begleitet wurden", heißt es in ihrem Bericht. Bis heute konnten acht verschiedene Untergruppen des Africa-2-Virusstamms in mehreren Ländern bestimmt werden. Darüber hinaus scheint sich der Erreger nur selten über die Landesgrenzen hinweg zu bewegen. "Einige Wissenschaftler haben die These aufgestellt, dass ein vermehrtes Auftreten von Tollwut in Afrika auf 'übertragungsstarke' Hunde zurückzuführen sein könnte, die die Krankheit über weite Strecken verbreiten", berichtet Dr. Hervé Bourhy vom Institut Pasteur in Paris, Frankreich. "Durch unsere Ergebnisse wird allerdings deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit dafür äußerst gering ist. Die Untergruppen der Hundetollwut sind nämlich geografisch stark begrenzt, und die Zeit, die der Erreger zur Verbreitung benötigt, wird in Dekaden gemessen." "Ebenso wenig scheint die Überführung von Hunden in dieser weiten Region keinen oder zumindest keinen merklichen Einfluss auf die Verbreitung der Krankheit gehabt zu haben, auch wenn die Hunde in der Zeit ansteckend waren oder sich in der Inkubationszeit befanden." Die Forscher heben hervor, dass weitere Forschungsarbeit erforderlich ist, um besser verstehen zu können, wie die Tollwut in Afrika zirkuliert. Dennoch lässt die Entdeckung, dass sich die Virustypen zwischen Nordafrika und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara bzw. zwischen den Ländern West- und Zentralafrikas untereinander nicht vermischen, darauf schließen, dass eine Strategie zur gestaffelten Verbannung der Tollwut aus West- und Zentralafrika gute Erfolgsaussichten hat. "In Afrika kommt alle 20 Minuten ein Patient, zumeist ein Kind, durch Tollwut ums Leben", weiß Chiraz Talbi, ebenfalls vom Institut Pasteur. "Dadurch, dass wir die am meisten verbreiteten Virusarten bestimmen konnten und nachgewiesen haben, wie sich der Erreger in der Region verbreitet, haben wir aufgezeigt, dass es den afrikanischen Ländern im Falle eines gemeinsamen Vorgehens möglich sein sollte, die Tollwut durch die Bekämpfung der Hundetollwut auszulöschen."

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