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Primitive chemistry in planetary atmospheres: From the upper atmosphere down to the surface

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Könnte der Titan Leben beherbergen?

Laut den Ergebnissen eines europäischen Projekts könnte die organische Chemie der Atmosphäre des größten Saturnmonds alle Bestandteile enthalten, die für die Entwicklung von Lebensformen nötig sind.

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Mit einer Oberflächentemperatur von etwa -200 °C hört sich Titan nicht gerade wie ein gastlicher Ort an. Allerdings könnte dieser eisige Mond, der um den Saturn kreist, die Bausteine des Lebens beherbergen – und eine geeignete Umgebung bereitstellen, um sie zusammenzusetzen. Der Titan ist doppelt so groß wie unser Mond und weist verblüffende Ähnlichkeiten mit der Erde auf: Sein Klima beruht auf einem Flüssigkeitskreislauf mit Wolken und Regen sowie Flüssen, Seen und Meeren. Er ist auch der einzige bekannte Mond mit einer dicken Atmosphäre. Das Projekt PRIMCHEM (Primitive chemistry in planetary atmospheres: From the upper atmosphere down to the surface), das vom Europäischen Forschungsrat unterstützt wird, hat nun herausgefunden, dass die in dieser Atmosphäre stattfindenden chemischen Interaktionen die Entstehung von Lebensformen ermöglichen könnten. Organische Verbindungen, die sich in allen lebenden Organismen wiederfinden, sind Moleküle, in denen Kohlenstoffatome an Wasserstoff gebunden sind. Sie können zahlreiche andere Elemente namens Heteroatome enthalten, darunter auch Stickstoff. Stickstoff ist ein wichtiger Bestandteil der Struktur von Proteinen und DNA-Basen. „Die Atmosphäre des Titan besteht vor allem aus molekularem Stickstoff und Methan. Wir konnten aufzeigen, dass Stickstoff in großen Höhenlagen organisches Wachstum vorantreibt und große Moleküle bildet“, erklärt Nathalie Carrasco, Hauptforscherin von PRIMCHEM und Professorin für Geowissenschaften an der Universität Versailles-Saint-Quentin-en-Yvelines, die als Projektträger fungiert. Auf dem Titan herrscht eine ideale Atmosphäre, um das Szenario eines atmosphärischen Ursprungs der Einbindung von Stickstoff in präbiotische Moleküle zu erforschen, sagt sie: „Die oberen Schichten der Atmosphäre sind direkt starker UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt, was sehr effiziente chemische Reaktionen auslöst.“

Organisches Potenzial

Das Team fand außerdem heraus, dass große stickstoffreiche Moleküle, die in großer Höhenlage entstanden, während ihres Abstiegs in die Atmosphäre weitere Veränderungen durchlaufen, was zu erheblichem organischen Potenzial auf der Oberfläche des Titan führt. Flüssiges Wasser ist eine weitere Voraussetzung für die Entwicklung von Lebensformen, erklärt Carrasco. „Im Inneren des Titan befindet sich ein tiefer Wasserozean und flüssiges Wasser kann durch Kryovulkanismus an die Oberfläche gelangen. Unsere Entdeckung stickstoffreicher atmosphärischer Moleküle, die mit flüssigem Wasser auf der Oberfläche vom Titan interagieren, deutet darauf hin, dass die Entwicklung von Leben auf dem Titan möglich sein könnte.“ Die Ergebnisse des Teams wurden von der Cassini-Huygens-Weltraummission ermöglicht, die als erste die Existenz großer organischer Moleküle auf dem Titan offenbarte. Um deren chemische Zusammensetzung zu entschlüsseln, entwickelte das PRIMCHEM-Team eine experimentelle Plattform, um die Bedingungen auf dem Titan im Labor nachzubilden – starke UV-Strahlung, ein geringer Druck und Temperaturen von bis zu -200 °C. Die dadurch ausgelösten chemischen Vorgänge wurden dann in situ mit Analysegeräten beobachtet, die mit den Reaktoren verbunden waren.

Einblicke in die frühe Erde

Die Arbeit des Projekts könnte auch zur Vertiefung unseres Verständnisses dessen beitragen, wie sich Lebensformen auf unserem eigenen Planeten entwickelten: Der Druck an der Oberfläche und die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre machen den Titan zum besten bekannten Analogon zur frühen Erde. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Chemie der oberen Atmosphäre der frühen Erde die Einbindung von Stickstoff in präbiotische Moleküle förderte, bevor diese mit den primitiven Ozeanen interagierten“, merkt Carrasco an. Die bahnbrechende Entdeckungen von PRIMCHEM werden direkt in die Arbeit von DragonFly einfließen, die Titan-Mission der NASA, die 2027 starten soll, um zu ergründen, wie weit die Chemie, die die Grundlage des Lebens bildet, dort fortgeschritten ist, und unser Wissen über die Entstehung von Lebensformen auf unserer Erde und darüber hinaus zu vertiefen.

Schlüsselbegriffe

PRIMCHEM, Titan, Mond, Atmosphäre, organische Chemie, präbiotisch, frühe Erde, DragonFly-Mission, Leben

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