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Space-Time Methods for Multi-Fluid Problems on Unstructured Meshes

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Reale Probleme unserer Welt mit angewandter Mathematik lösen

Was haben Tsunamis, das unsere Adern durchströmende Blut, Kernfusion, Erdbeben, Fluglärm und umweltfreundliche Energie gemeinsam? Gemäß dem von der EU finanzierten STIMULUS-Projekt folgen sie alle einer allgemeinen mathematische Formulierung als nichtlineare Systeme hyperbolischer Erhaltungsgesetze.

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Die allgemein anerkannten Erhaltungssätze über die Erhaltung von Masse, Impuls und Energie gehören zu den mächtigsten physikalischen Prinzipien, über die wir verfügen, um die Vorgänge in unserer Welt beschreiben und verstehen zu können. Aus mathematischer Sicht führt das Prinzip der Erhaltung zu nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen (PDE), die so komplex sind, dass sie im Allgemeinen nicht exakt lösbar sind. Mit Hilfe geeigneter Verfahren können sie jedoch an einer endlichen Menge von diskreten Punkten oder Elementen (d. h. dem Berechnungsgitter) näherungsweise gelöst werden. Dieser Schritt von den Originalgleichungen zur Lösung des reduzierten Problems auf dem Berechnungsgitter mit der Bezeichnung Diskretisierung führt zu sogenannten numerischen Systemen für die Lösung der partiellen Differentialgleichung. „Obgleich die ersten numerischen Methoden aus den Zeiten von Newton und Euler stammen, ist es erst seit dem Einzug der modernen Computer möglich, komplexe nichtlineare partielle Differentialgleichungen, welche die Erhaltung von Masse, Impuls und Energie beschreiben, in akzeptabler Zeitund für praktisch relevante Fälle zu lösten“, erläutert Projektkoordinator Michael Dumbser. Das an der italienischen Universität Trento durchgeführte STIMULUS-Projekt entwickelte neue universelle Methoden zur Lösung hyperbolischer Erhaltungssätze, die auf viele verschiedene Probleme angewandt werden können. Man nahm dafür eine Vereinheitlichung von zwei traditionell unterschiedlichen Ansätzen für nichtlineare Erhaltungsgesetze (Finite-Volumen- und Finite-Elemente-Methode) zu einem einzigen, allgemeineren Gerüst vor. Die Universalität der Mathematik Eine der wichtigsten Errungenschaften des Projekts sind eine theoretische Analyse und erste rechnerische Lösungen einer neuen universellen Formulierung der Kontinuumsmechanik. Dumbser zufolge können die Forscher nun erstmals Flüssigkeiten und Feststoffe mit genau demselben partiellen Differentialgleichungssystem beschreiben. Er sagt dazu: „Diese neuen numerischen Methoden sind äußerst genau und erlauben es uns, die Erhaltungsgesetze in komplexen Geometrien im Kontext zahlreicher Anwendungen zu lösen. So haben wir beispielsweise höchst effiziente und genaue Algorithmen entwickelt, die zur Simulation der Erzeugung und der Ausbreitung von akustischen Wellen in derart komplexen Geometrien wie Turbojet-Triebwerken genutzt werden können, womit die Minderung der von Flugzeugen verursachten Lärmbelastung unterstützt wird.“ Wie Dumbser erklärt, sind diese Algorithmen auch dazu anwendbar, Tsunamiwellen im Ozean zu modellieren und sich in der Erde ausbreitende seismische Wellen zu simulieren, so dass die Wissenschaftler besser die Auswirkungen von Erdbeben vorhersagen können. „Hier sind dieselben numerischen Algorithmen wie jene, die für die Simulation von Fluglärm entwickelt wurden, anwendbar, jedoch auf völlig andere Bereiche“, sagt Dumbser. „Möglich ist das dank derselben universellen mathematischen Formulierung des Problems als ein System der Erhaltungsgesetze.“ Unter Einsatz desselben mathematischen Ansatzes entwickelte das Projekt außerdem neue Systeme zur Simulierung von Plasmaströmen, die im Zusammenhang mit der Trägheitsfusion (Inertial Confinement Fusion, ICF) entstehen. Dumbser zufolge besteht eine Hauptschwierigkeit bei den ICF-Experimenten in den komplexen Strömungsinstabilitäten, die noch vor dem Fusionsprozess entstehen. Um diese Herausforderung zu meistern, schlug man im Rahmen des STIMULUS-Projekts neue mathematische Techniken vor, die Einblick in die Physik dieser Strömungsinstabilitäten gewähren und langfristig ermöglichen können, neue Strategien zu deren Kontrolle und Reduzierung zu finden. Marschrichtung Markt Die Forscher arbeiten derzeit daran, die Resultate des Projekts in Marktnähe zu rücken. „Die Idee besteht darin, unsere neuen Lagrangesysteme hoher Ordnung zum Bewegen unstrukturierter Gitter für eine Simulation von rotierenden Maschinen wie Gas-, Wind- und Wasserturbinen zu verwenden, welche die wichtigsten mechanischen Vorrichtungen sind, die gegenwärtig der Erzeugung von elektrischer Energie dienen“, erklärt Dumbser. „Unsere neuen Algorithmen sind viel genauer als die konventionellen und können überdies sehr kleine Strömungsmerkmale wie etwa turbulente Wirbel in komplexen Geometrien lösen.“ Im Projekt geht man davon aus, 2017 Machbarkeitsnachweise zu erbringen.

Schlüsselbegriffe

STIMULUS, Trägheitsfusion, inertial confinement fusion (ICF), Geometrien, Mathematik, Kontinuumsmechanik, Erhaltungssätze, Masse, Impuls, Energie, Berechnungsgitter

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