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Überfischung treibt Evolution des Ostseedorsches voran

Laut neuer Forschungsergebnisse schwedischer und amerikanischer Wissenschaftler treibt die Überfischung die Evolution der Dorschpopulationen in der Ostsee voran und lässt sie aussterben. Die Forscher fanden heraus, dass unsere Vorfahren in der Steinzeit vor 4.500 Jahren im D...

Laut neuer Forschungsergebnisse schwedischer und amerikanischer Wissenschaftler treibt die Überfischung die Evolution der Dorschpopulationen in der Ostsee voran und lässt sie aussterben. Die Forscher fanden heraus, dass unsere Vorfahren in der Steinzeit vor 4.500 Jahren im Durchschnitt größere und ältere Fische aus dem Meer holten als die heutigen Fischer. "Einige Fangtätigkeiten, so auch der Fang von Dorsch, führen zu einer 'Verjüngung' oder, anders ausgedrückt, zur Evolution jüngerer und kleinerer ausgewachsener Fische", erklärt Dr. Karin Limburg vom College of Environmental Science and Forestry der State University of New York (SUNY). "Die Konsequenzen scheinen in ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht negativ zu sein." Dr. Limburg und ihr Team hoffen, dass ihre Erkenntnisse, die in der Zeitschrift Proceedings of the Royal Society B: Biological Science veröffentlicht wurden, den Fischereimanagern dabei helfen, den Zustand ihrer Bestände genauer zu beurteilen. Ein großes Problem beim Fischereimanagement sind fehlende Basisdaten, mit denen die heutigen Fischbestände verglichen werden können. "Da die Dorschpopulationen einen historischen Tiefstand erreicht haben und die Probleme für einen Wiederaufbau immer größer werden, muss unbedingt in der Vergangenheit nach Anhaltspunkten über Merkmale wie Bestandsgrößen, Befischung, Alters- und Größenstruktur usw. gesucht werden, aber auch darüber, welche ökologische Rolle der Dorsch spielen würde, wären seine Populationen größer", schreiben die Forscher. In dieser Studie analysierten die Forscher Fischüberreste aus einer 4.500 Jahre alten Siedlung auf der schwedischen Insel Gotland mitten in der Ostsee. Durch Vermessen von Wirbeln ließ sich die Länge der gefangenen Fische berechnen. Anhand von Analysen der Strukturen sogenannter Otolithe konnten die Forscher auch das Alter der Fische ermitteln. Diese Kalziumkarbonatstrukturen, die auch Ohrsteine genannt werden, befinden sich am Kopf des Fisches, wo sie einen wichtigen Teil des Hör- und Gleichgewichtssystems bilden. Die Ohrsteine wachsen mit dem Fisch. Man kann daher die Schichten wie die Jahresringe eines Baums zählen und dadurch feststellen, in welchem Alter der Fisch gestoben ist. Schließlich untersuchten die Wissenschaftler auf Gotland gefundene Fischhaken und schätzten, für welche Größe von Fischen sie ausgelegt waren. Diese Analysen zeigten, dass die in der Steinzeit gefangenen Dorsche im Schnitt etwa 56 cm lang waren. Heute messen sie dagegen nur noch 49 cm. Die Steinzeitfische waren mit durchschnittlich 4,7 Jahren auch älter, als sie gefangen wurden. Die heute gefangenen Fische sind mehr als ein Jahr jünger. Außerdem fingen die Jungsteinzeitfischer die Fische selten auf dem offenen Meer, wo normalerweise die größten und ältesten Fische leben. Im Gegensatz dazu können moderne Fischkutter in den tiefsten Teilen der Ostsee fischen und damit auch die größten Fische fangen. Indem diese großen Fische dem Ökosystem entzogen werden, wird die Population stark beeinträchtigt. Die größten Fische produzieren die meisten und hochwertigsten Eier, d.h. die mit den größten Überlebenschancen für die Jungfische. Sie kennen auch die günstigsten Laichplätze. Ohne diese erfahrenen Weibchen laicht die Population weniger produktiv. "'Das System ist dermaßen überfischt", sagt Dr. Limburg über den Ostseedorsch. "Die größte Sorge ist, dass die Überfischung dazu führt, dass sich die Fische weiterentwickeln. Die Erkenntnis, dass der Mensch tatsächlich die Evolution von Fischpopulationen verursachen kann, die wiederum zu ihrem Niedergang führt, ist relativ neu und erregt viel Aufsehen." Im vergangenen Jahr empfahl der Internationale Rat für Meeresforschung (International Council for the Exploration of the Sea, ICES) einen Dorschfang-Stopp in der östlichen Ostsee und eine 50%-ige Reduzierung der Fangquoten in den westlichen Fanggebieten.

Länder

Schweden, Vereinigte Staaten

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