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Collapse Of Atmospheric Turbulence

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Theorie zur Wärmeübertragung erklärt plötzliche Kälteeinbrüche

Genaue Vorhersagen darüber, wann sich Nebel und Frost bilden, sind nur schwer zu treffen. Forschende in den Niederlanden fanden nun jedoch heraus, dass die Lösung dieses Problems im Wind liegt.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

Die abendliche Grenzschicht ist ein wichtiges Wetterphänomen, das kühle Luft in Bodennähe einfangen kann, die sich am Morgen dann zu Frost oder Nebel entwickelt. Durch ein gründlicheres Verständnis dieses Prozesses lässt sich die Wettervorhersage verbessern, sodass landwirtschaftlichen Betrieben Millionen Euro an Ernteschäden erspart bleiben. Auch der Straßen- und Flugverkehr kann so sicherer gestaltet werden. Das EU-finanzierte Projekt COAT untersuchte die Bedingungen, welche die Entwicklung der abendlichen Grenzschicht begünstigen. „Nachts kühlt sich die Oberfläche des Bodens ab, wodurch ein 50 bis 200 m tiefer Kaltluftpool entsteht“, erläutert Bas van de Wiel, Hauptforscher des Projekts COAT. „Diese kalte Luft ist schwer und setzt sich in einer Schicht ab.“ Wenn wenig Wind herrscht, wächst diese statische Kaltluftschicht weiter an und erzeugt schließlich Nebel und Frost. Ausreichende Turbulenzen können jedoch die kältere Luft abtransportieren und so Nebel und Frost verhindern. Diese Unberechenbarkeit der abendlichen Grenzschicht bringt die Klimamodelle durcheinander und führt in den Vorhersagen für Kälteperioden zu Fehlern von bis zu 5 °C. „Aus diesem Grund haben wir uns damit beschäftigt, was diesen Zusammenbruch der Turbulenzen verursacht, wenn die gesamte Luftdurchmischung verschwindet“, so van de Wiel.

Rückkopplungsschleife

Van de Wiel modellierte zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen an der Technischen Universität Delft in den Niederlanden den Wärmeaustausch zwischen Boden und Luft. Asphaltierte Flächen wie Straßen und Wege speichern mehr Wärme als Gras, wodurch die Nachttemperaturen höher bleiben. Aber auch die Verlustwärme nicht asphaltierter Flächen wird schließlich von unten wieder zugeführt. Dieser Umstand ermöglichte es van de Wiel und seinem Team, den Gesamtbetrag des erwarteten Wärmeverlusts zu quantifizieren. Anhand dieser Zahl konnten sie die Windgeschwindigkeit ermitteln, die erforderlich ist, um genügend warme Luft zu transportieren, damit sich kein Nebel oder Frost bildet. „Wir haben berechnet, dass das System bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 3 ms in Nasenhöhe zusammenbricht“, fügt er hinzu. „Der Fluss kann nur eine bestimmte Wärmemenge übertragen, und wenn die Oberfläche schneller abkühlt, ist das Ergebnis eine positive Rückkopplungsschleife.“ Das Modell wurde in drei Stufen validiert. Zunächst führte das Team eine direkte numerische Simulation mit hoher Rechenleistung durch und baute das System auf der Grundlage erster Prinzipien auf. Anschließend verwendete es ein Wettervorhersagemodell mit einigen vordefinierten Annahmen, um zu überprüfen, ob die Vorhersagen korrekt sind. Schließlich wurde das Modell auf reales Wetter angewendet, um zu sehen, ob es genau ist. „Die Vorhersagen treffen hier immer noch sehr gut zu“, so van de Wiel. „Wir können mit Zuversicht sagen, dass die Theorie gültig ist und dass wir das Problem des Zusammenbruchs atmosphärischer Turbulenzen gelöst haben.“ Das Modell verdeutlicht, dass die Bodenbeschaffenheit sowie die Entfernung zu städtischen Gebieten und zu Gewässern wichtige Faktoren für die Nebelbildung sind.

Erste Erfolge

Die Forschung wird bereits in die Praxis umgesetzt. Van de Wiels Forschung hat nicht nur die Wetter- und Klimavorhersagen verbessert, sondern auch gezeigt, dass die Luftbewegung ein wirksames Mittel gegen die Bildung von Frost darstellt. In einem ähnlichen Projekt wurden große Ventilatoren zur Luftzirkulation in Obstplantagen eingesetzt – mit großem Erfolg. „Die Ergebnisse fielen sehr gut aus. Die Temperaturen erhöhten sich um 3 bis 5 Grad, der Ernteertrag stieg um 100 % und wir konnten sehr schön zeigen, dass der Ernteertrag mit zunehmender Nähe zur Windmaschine größer wurde“, merkt van de Wiel an. Unterstützt wurde das Projekt COAT vom Europäischen Forschungsrat. „Diese Finanzierung hat enorm geholfen. Sie hat uns die Freiheit und die Möglichkeit gegeben, wirklich kreativ zu werden“, erklärt er. „Einige Finanzierungen decken nur das Gehalt der Forschenden ab, aber Wissenschaft ist viel mehr als das.“

Schlüsselbegriffe

COAT, Grenzschicht, Luft, Wind, Wärmeaustausch, Frost, Nebel, Wetter, Vorhersage, Klima, Obstplantage, Obst

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