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Mapping the First Millennium Glass Economy

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Die Untersuchung von altem Glas bietet ein Fenster zur Vergangenheit

Eine bahnbrechende Untersuchung der Entwicklung der Herstellung, des Handels und des Gebrauchs von Glas entlang kultureller und politischer Grenzen konnte neues Licht auf die kulturellen Identitäten mittelalterlicher Gesellschaften werfen.

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Die Glasherstellung reicht Tausende Jahre zurück. Sie dient funktionellen wie künstlerischen Zwecken und ist von zahlreichen Zivilisationen angewandt worden. Deshalb können Verbreitungsmuster von Glas als eine Art Barometer des Austauschs über längere Strecken und des technologischen Fortschritts eingesetzt werden. „Der Zeitraum zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert war entscheidend für die Geschichte der Glasherstellung“, erklärt die Projektkoordinatorin von GlassRoutes und Forscherin am Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung in Frankreich, Nadine Schibille. „In dieser Zeit entstanden autonome regionale Glasindustrien in der islamischen Welt und auch in Westeuropa.“ Diese neuen autonomen Systeme ersetzten das zentralisierte Produktionsmodell des römischen Reiches. Die Untersuchung dieses Aufschwungs könnte helfen, einige der Mechanismen und Motivationen hinter der technologischen Innovation und dem Austausch sowie den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch im mittelalterlichen Mittelmeerraum zu verstehen.

Die Bedeutung von Glas

Genau das war das Ziel des Projekts GlassRoutes, das vom Europäischen Forschungsrat unterstützt wurde. Den Anfangspunkt setzte Schibille auf die arabische Eroberung des Mittleren Ostens, Nordafrikas und der iberischen Halbinsel im 7. Jahrhundert. Zentrale Fragen drehten sich um die Diversifizierung der Glasherstellung sowie die künstlerische Bedeutung von Glas. „Um es einfach zu sagen, warum wurden Mosaikdekorationen, die als typisch byzantinische Kunst betrachtet werden können, im frühen Kalifat der Umayyaden in einigen der bedeutendsten und beeindruckendsten Moscheen, wie den Umayyaden-Moscheen in Damaskus und Córdoba, als Verzierung eingesetzt?“, fragt sie. Das Projekt umfasst auch ausführliche Analysen der Zusammensetzung von Glassammlungen. Die Proben entstammen gut datierten archäologischen Kontexten aus verschiedenen geografischen Regionen. Dadurch konnten Schibille und ihr Team eine umfassende Datenbank verlässlicher chemischer Daten aufbauen, aus der Verbreitungsmuster bestimmter Gruppen der Glasherstellung abgeleitet werden konnten.

Regionale Industriezentren

Diese mühevolle Arbeit führte zu eindrucksvollen Ergebnissen. Schibille konnte den Ausbau einer ersten Glasherstellung auf der iberischen Halbinsel zu einer frühen islamischen Glasansammlung in einem Vorort von Córdoba im späten 8. oder frühen 9. Jahrhundert n. Chr. zurückverfolgen. Daraus entstand eine autonome iberische Glasindustrie. „Einen ähnlichen Fall stellt eine erste sizilianische Herstellung bereits im 10. Jahrhundert n. Chr. dar“, sagt sie. „Das deutet darauf hin, dass die Entwicklung regionaler Glasproduktionszentren im westlichen Mittelmeer eng mit dem Voranschreiten der Islamisierung zusammenhängt.“ Eine Untersuchung der Mosaike der Umayyad-Moschee in Córdoba bestätigte außerdem einen kulturübergreifenden Austausch mit dem byzantinischen Kaiserreich im 10. Jahrhundert. Die Projektergebnisse trugen zur Bestätigung bei, dass geopolitische Dynamiken die Aufnahme neuer Glasherstellungsverfahren beeinflussten, entweder direkt durch unmittelbaren Kontakt (in Mesopotamien) oder indirekt durch geografische und politische Isolation und den daraus folgenden Engpässen (auf der iberischen Halbinsel). Sie zeigen außerdem, wie Marktkräfte den Ressourcenstrom und den Wandel regionaler Glasindustrien beeinflussten. Als beispielsweise im späten 7. und frühen 8. Jahrhundert das Zentrum kommerzieller Aktivitäten in Damaskus lag, wurden große Mengen ägyptischen Glases erstmals in diese Region importiert. Auf ähnliche Weise führte der Aufbau kalifaler Sitze in Großsyrien und Mesopotamien zu einer Intensivierung lokaler industrieller Aktivitäten. „Was wir eindeutig aufzeigen konnten ist das Ausmaß, zu dem der islamische Mittelmeerraum des Mittelalters ein globalisiertes System wirtschaftlichen und kulturellen Austauschs war“, fügt Schibille hinzu. „Als nächstes werde ich mich auf Regionen wie Maghreb konzentrieren, die bisher keine Beachtung fanden.“

Schlüsselbegriffe

GlassRoutes, Glas, Mittelalter, kulturell, arabisch, byzantinisch, Islamisierung, iberisch, Umayyad

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