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Quantum Coherence and Decoherence in Cavity Optomechanics

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Quantensprung für Messung der mechanischen Bewegung

EU-finanzierte Forscher haben eine Vorrichtung im Nanomaßstab entwickelt, welche eine mechanische Bewegung mit nahezu unglaublicher Präzision messen kann. Auswirkungen davon können Hightech-Unternehmen vom Mobiltelefonhersteller bis zur Fahrzeugfertigung betreffen.

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Die genaue Positionsmessung nimmt in der Physik einen besonderen Platz ein; schon vor etwa 100 Jahren wurde die Debatte rund um die Atomhypothese durch die sorgfältige Beobachtung der Brownschen Bewegung beigelegt. Heute nun hoffen die auf dem Gebiet der Hohlraum-Quantenoptomechanik Forschenden auf eine Regelung ähnlich fundamentaler Fragen. Die Hohlraum-Optomechanik, ein in den letzten zehn Jahren neu entstandenes Gebiet, stützt sich auf die Anwendung des Strahlungsdrucks, einer Kraft, die im makroskopischen Maßstab nicht wahrnehmbar ist. Hier misst und steuert man nano- und mikromechanische Oszillatoren, womit Messungen mechanischer Bewegungen mit bislang unerreichter Empfindlichkeit möglich werden. Schlüsselbeitrag des EU-finanzierten Projekts QCDOM zu diesem Gebiet war die Entwicklung eines nanooptomechanischen Systems in der Größenordnung eines Chips, das äußerst präzise Messungen ermöglicht. Das System besteht aus einem optischen Mikroresonator, einem Bauelement, das Licht in Mikrovolumina für lange Zeit auf einem Chip einschließt, gekoppelt mit einem kleinen nanomechanischen Oszillator, einer mechanisch schwingenden Saite. „Durch effiziente Kopplung des nanomechanischen Oszillators mit dem optischen Resonatorfeld konnten wir eine der bislang empfindlichsten Messungen der mechanischen Bewegung realisieren“, erklärt Projektkoordinator Prof. Tobias Kippenberg von der Eidgenössischen Hochschule Lausanne (Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, EPFL) in der Schweiz. Dieser Grad der Empfindlichkeit reicht aus, um das Äquivalent der quantenmechanischen Vakuumfluktuationen eines mechanischen Oszillators innerhalb seiner thermischen Dekohärenzeit, das heißt, die Zeit zu bestimmen, in der sein Quantenzustand durch die Umwelt zerstört wird. Dabei waren die Forscher in der Lage, einen Einblick in die Quanteneffekte zu bekommen, die aufgrund der Messung an sich entstehen. Kippenberg und seinem Team konnte dieser Fortschritt gelingen, indem ein Experte der Quantenoptik, Dr. Dal Wilson, vom renommierten California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, USA, mit Hilfe eines EU-Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiums für Forschende aus Drittländern (International Incoming Fellowship) in die Gruppe geholt wurde. Das Zweijahresprojekt wurde Ende November 2015 abgeschlossen und die Resultate kamen in der führenden Wissenschaftszeitschrift Nature zur Veröffentlichung. Die Möglichkeit einer derart präzisen Anzeige der mechanischen Bewegung ist interessant, da sie einen Beweis für die Grenzen darstellt, welche die Quantenmechanik bei der Durchführung genauer Positionsmessungen erzwingt. Position und Impuls eines mechanischen Oszillators können nicht mit beliebiger Genauigkeit bekannt sein. Das führt zu einer sehr grundlegenden „Quantenrückwirkung“, die in den dargestellten Experimenten spürbar ist. Praktische Anwendungen Während das Projekt durchaus fundamentale Auswirkungen hat, dürfte es auch Konsequenzen für die aktuelle Technik haben. Tatsächlich kommen genaue Bewegungsmessungen bereits in kommerziellen mikro-/nanoelektromechanischen Sensorsystemen (MEMS) zum Einsatz, um Beschleunigung oder Rotation zu messen. In Mobiltelefonen wendet man piezomechanische Resonatoren zur Filterung von Funkfrequenzsignalen an, und mechanische Quarzoszillatoren kommen bei Zeitmessung und Navigation zum Einsatz sowie sind in Fahr- und Flugzeugsteuerungen zu finden. Die innerhalb des QCDOM-Projekts entwickelten nanomechanischen Sensoren bieten zudem weitere andere potenzielle Funktionen wie etwa genaue Temperaturmessung sowie zur Verstärkung schwacher Funkfrequenzsignale. „Es ist bemerkenswert, dass innerhalb von nur zehn Jahren in ein völlig neues Paradigma entstanden ist, auf welche Weise mikro- und nanomechanische Oszillatoren zu betätigen, auszulesen und anzusteuern sind“, betont Kippenberg. „Das hat bereits zu bemerkenswerten Fortschritten in der experimentellen Quantenphysik hingeführt, wobei man wissenschaftlich in atemberaubendem Tempo vorankam. Experimentelle Studien wie unsere weisen auf das beträchtliche technologische Potenzial hin, das in solchen opto- und elektromechanischen Systemen stecken könnte.“ Anhand der Fähigkeit, etwas so Grundlegendes wie die Position eines makroskopischen Objekts mit immer höherer Genauigkeit messen zu können, ist damit zu rechnen, dass man die ungewöhnliche Vorhersagen der Quantentheorie in bislang noch nie erreichten Größenordnungen beobachten und verifizieren wird. Weitere Informationen stehen auf der Labor-Website des Projektkoordinators zur Verfügung.

Schlüsselbegriffe

QCDOM, Hohlraum-Quantenoptomechanik, nanomechanische Oszillatoren, mikroelektromechanische Systeme, MEMS

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