Analysen des Stoffwechsels von Leukämiezellen für neue Therapien gegen Krebs
Veränderungen im Stoffwechsel sind eines der wichtigsten Merkmale von Krebszellen. Der zelluläre Stoffwechsel wird durch Expression oder Unterdrückung von Enzymen reguliert, die die Energieproduktion und andere wichtige zelluläre Komponenten steuern. In Krebszellen sind diese Signalwege oft verändert, aber die entsprechenden Prozesse sind noch wenig erforscht. Schwerpunkt des EU-finanzierten Projekts HaemMetabolome war eine Art Blutkrebs – die akute myeloische Leukämie(öffnet in neuem Fenster) (AML). Ursache sind kombinierte Mutationen, die zur malignen Transformation von Zellen führen. Da es kaum Therapien für diese Krebsarten gibt und die 5-Jahres-Überlebensrate in Europa bei nur etwa 15 %(öffnet in neuem Fenster) liegt, sind dringend neue Therapieansätze gefragt. Das Marie-Skłodowska-Curie-Schulungsnetzwerk offerierte zehn Nachwuchsforschenden eine Fachausbildung in einer interdisziplinären Kombination aus Tumorzellbiologie und Schlüsseltechnologien wie Bioinformatik, mathematischer Modellierung und Wirkstoffforschung.
Methodischer Durchbruch
Da Energiestoffwechsel und Zellregulierung in Zusammenhang stehen, könnte eine Einflussnahme auf diese Stoffwechselprozesse neue therapeutische Möglichkeiten gegen Krebs eröffnen. So untersuchte HaemMetabolome in AML-Zellen Zusammenhänge zwischen Energiestoffwechsel, Genetik und Signalübertragung(öffnet in neuem Fenster). Mittels Massenspektrometrie(öffnet in neuem Fenster) und Kernspinresonanz(öffnet in neuem Fenster) wurden metabolische Phänotypen hämatologischer Krebszelllinien und primärer Patientenproben untersucht und Genfunktionsanalysen an wichtigen Stoffwechselregulatoren durchgeführt. „Wir waren die ersten, die mittels Kernspinresonanz detailliert den Stoffwechsel von Krebszelllinien und primären Krebszellen analysierten, was ein enormer methodischer Durchbruch war“, erklärt Projektkoordinator Ulrich Günther. HaemMetabolome untersuchte niedermolekulare chemische Substanzen bei noch nicht ausgereiften Biologie(öffnet in neuem Fenster) (Blasten) von AML-Patienten und verglich diese mit Genen der Patienten und allen Proteinen, die eine Zelle exprimieren kann. „Vor unserer Studie war wenig über die Unterschiede zwischen gesunden Stammzellen und AML-Zellen bekannt. AML-spezifische genetische Mutationen verändern deutlich die Signalgebung, sodass wir auch von Unterschieden beim Zellstoffwechsel ausgehen konnten“, erklärt der stellvertretende Koordinator und Forschungsleiter Jan Schuringa. Über den Energiestoffwechsel wird die Substanz Adenosintriphosphat(öffnet in neuem Fenster) produziert, die Basis vieler zellulärer Prozesse ist. Das Projekt zeigte, dass einige AML-Subtypen Adenosintriphosphat aus Glukose herstellen, bekannt als Glykolyse(öffnet in neuem Fenster), andere hingegen durch enzymatische Oxidierung von Nährstoffen(öffnet in neuem Fenster). Das Team identifizierte ein Schlüsselelement, das diesen Schalter reguliert. Dies ist wichtig, weil die Hemmung dieses Schalters bei einer Untergruppe von AML die Leukämieentwicklung hemmte. Dies wurde in Labortests validiert, u. a. an von Patienten stammenden immungeschädigten Maus-Xenotransplantaten. Eine weitere Studie untersuchte die Rolle einzelner Metaboliten(öffnet in neuem Fenster), indem Zellen in Medien mit vermindertem Metabolitengehalt untersucht wurden. Dadurch konnte die wichtige Rolle spezifischer Aminosäuren enthüllt werden. Einer der Studierenden untersuchte die metabolische Umprogrammierung in Bindegewebszellen, die Kontakt zu AML-Zellen haben. Dabei wurden Metaboliten identifiziert, die AML-Zellen mit Nährstoffen versorgen, die diese zum Überleben brauchen.
Therapeutisches Potenzial
Bei den massenspektrometrischen Methoden wurde mit Kits wie Biocrates(öffnet in neuem Fenster) gearbeitet, um metabolische Prozesse und Stoffwechsel zu analysieren. Zudem wurde eine Datenanalyse-Software entwickelt, die auf Flussmethoden der Gaschromatographie-Massenspektrometrie(öffnet in neuem Fenster) basiert und der Forschung nun zur Verfügung steht. Informationen zu den vom Projekt entwickelten neuen Kernspinresonanz-Methoden für Echtzeitanalysen des Stoffwechsels(öffnet in neuem Fenster) wurden veröffentlicht und bereits von anderen Labors übernommen. „Da nun gezeigt wurde, in welchem Ausmaß die metabolische Umprogrammierung bei AML-Zellen stattfindet, könnten neue therapeutische Zielstrukturen greifbar sein. Unsere Ergebnisse zum Metabolitenabbau, die den wichtigen Beitrag einzelner enzymassoziierter Metaboliten aufzeigten, stellen vielversprechende therapeutische Zielstrukturen dar“, schließt Günther. Da nur für einige der Stoffwechselmechanismen, die das Projekt enthüllte, humane Primärzellen verwendet wurden, müssen die Ergebnisse nun weiter validiert werden.