Mit maßgeschneiderten Enzymen in eine umweltfreundliche Zukunft
Von Waschmitteln über Gesichtscremes bis hin zu Ölen und Farbstoffen zum Spinnen von Textilien – Produkte des täglichen Bedarfs gehören zu den ressourcenintensivsten und umweltschädlichsten Waren auf dem Markt. Die derzeitigen Produktionsverfahren für diese Produkte verursachen erhebliche CO2-Emissionen und verbrauchen große Mengen an Wasser und Energie.
Präzise Entdeckung von Enzymen
Angesichts des wachsenden Drucks auf die Umwelt war das Ziel im EU-finanzierten Projekt FuturEnzyme(öffnet in neuem Fenster), umweltfreundliche Enzyme zu entwickeln und einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Waschmittel-, Kosmetik- und Textilindustrie zu leisten. Unter der Leitung des Spanischen Nationalen Forschungsrats (CSIC) und unter Beteiligung von Partnern aus Wissenschaft und Industrie wurden in dem Projekt modernste Methoden der Enzymforschung sowie technische und rechnerische Mittel kombiniert, um nachhaltige Biotechnologie direkt in kommerzielle Anwendungen zu überführen. Die Industriepartner halfen bei der Festlegung der genauen Enzymanforderungen und konkretisierten die Bedingungen und Leistungsanforderungen für jedes Produkt. Die FuturEnzyme-Forschenden suchten dann mit der maßgeschneiderten Software Horus(öffnet in neuem Fenster) nach Enzymkandidaten. Mit der Software werden mikrobielle Genome und Metagenome aus Umgebungen auf der ganzen Welt nach Enzymen durchsucht, die diese Anforderungen erfüllen könnten. Die Auswahl wurde mit fortschrittlichen computergestützten Werkzeugen verfeinert, um Enzyme mit optimaler Aktivität, Stabilität und Leistung bei realen Bedingungen zu finden. „Unser gezielter Ansatz geht über die Identifizierung allgemein nützlicher Enzyme hinaus und zielt auf die Entdeckung und Optimierung von Enzymen für genau definierte, reale Anwendungen ab“, erklärt der Projektkoordinator Manuel Ferrer.
Computergestütztes Design von Enzymen à la carte
Durch die jüngsten Fortschritte in der KI werden Enzyme ganz anders entdeckt und entwickelt. Forschende können nun Tausende von Enzymstrukturen modellieren und nachbilden, wie sie sich mit realen Produktbestandteilen und -bedingungen verhalten werden, bevor sie ins Labor kommen. So erfolgt die Entdeckung schneller, zu geringeren Kosten und ohne unnötige Laborarbeiten. Das FuturEnzyme-Team hat auch eine eigene, in https://horus.bsc.es(öffnet in neuem Fenster) integrierte Vorhersage-Engine (EP-Pred) entwickelt, mit der anhand von theoretischen und experimentellen Ergebnissen die Entdeckung von Enzymen allein durch die Sequenz beschleunigt wird. „Wir erleben eine Revolution in der Enzymbiotechnologie, da wir über einen vollständig rechnerischen Ansatz Zugang zu Enzymen mit einer auf die Produktanforderungen zugeschnittenen Leistung erhalten und diese herstellen können“, betont Ferrer.
Enzymbasierte Innovationen mit geringerem ökologischem Fußabdruck
Mittels fortschrittlicher Fermentierungs- und Immobilisierungstechnologien entwickelte das Team sichere enzymbasierte Formulierungen, die nach einer Ökobilanz deutlich geringere Emissionen und einen geringeren Ressourcenverbrauch aufwiesen. Der Flüssigwaschmittel-Prototyp mit einem neuen Enzym als Inhaltsstoff zeigt das Potenzial für eine wirksame Reinigung bei 20 °C, wodurch der Wasser- und Energieverbrauch bei gleichbleibender Leistung reduziert ist. Im Kosmetikbereich stellt ein Produkt mit niedermolekularer Hyaluronsäure, das mit einem innovativen enzymatischen Verfahren entwickelt wurde, eine energieeffizientere und chemiefreie Alternative zu herkömmlichen Methoden dar. Bei Textilien werden mit einer enzymbasierten Vorbehandlung die während der Faserverarbeitung aufgetragenen Öle entfernt, was mehrere Umweltvorteile mit sich bringt, darunter geringeren Wasserverbrauch und Ozonabbau.
Zukünftige Richtungen und Auswirkungen
Mit Blick auf die Zukunft arbeitet das FuturEnzyme-Team aktiv daran, die Erkenntnisse in die kommerzielle Nutzung zu überführen, und bereitet sich zusammen mit Industriepartnern auf die behördliche Zulassung, die Erweiterung der Produktion und den Markteintritt vor. Parallel dazu werden viele Enzymkandidaten durch Screening-Kits, die von der Biosynth GmbH vertrieben werden, einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Mit diesen Kits können Forschungseinrichtungen und Unternehmen Enzyme mit gezielten katalytischen Eigenschaften erforschen und so die Zeit, die Kosten und das Risiko reduzieren, die normalerweise mit der Entdeckung im Frühstadium verbunden sind. Durch die Kombination von digitaler Innovation, industrieller Zusammenarbeit und globaler Erforschung der biologischen Vielfalt hat das FuturEnzyme-Team gezeigt, wie Alltagsprodukte mit maßgeschneiderten Enzymen in ökologisch nachhaltigere Alternativen verwandelt werden können. Angesichts der Millionen Tonnen an Waschmitteln, Kosmetika und Textilien, die jedes Jahr weltweit verbraucht werden, sind die potenziellen Umweltauswirkungen enzymgestützter Lösungen bedeutend.