Anhaltspunkte, wie Fluide unseren Planeten formen
Fluide spielen eine entscheidende Rolle bei der Evolution der Erdkruste, wobei Prozesse wie die Umverteilung von Elementen beeinflusst werden, die wertvolle Mineralressourcen und Kohlenwasserstoffvorkommen bilden. Das Auffinden und die verantwortungsvolle Nutzung von Reserven dieser Art hängt davon ab, wie, wann und wo Fluide im Mikrometer- bis Kilometerbereich strömen. „Das Verständnis jener Mechanismen, die den Materialtransport in der kontinentalen Erdkruste bewirken, ist für unseren Wohlstand in Europa überaus wichtig“, sagt Jan Wijbrans, Initiator von FluidNET(öffnet in neuem Fenster) von der VU Amsterdam(öffnet in neuem Fenster) in den Niederlanden. „Die Geologie weist seit etwa zwanzig Jahren darauf hin, und jetzt haben es auch die politisch Verantwortlichen begriffen.“
Fluide zum Verständnis von Erdprozessen
Mit dem Projekt FluidNET, das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) unterstützt wird, wurde das Ziel verfolgt, Europas Fähigkeiten auf diesem Gebiet durch Spitzenforschung und Ausbildung zu stärken. Seitens der Forschung bestand ein Hauptziel darin, die Bedeutung der Fluide im Zusammenhang mit dem Verständnis der Erdprozesse hervorzuheben. „Die Geowissenschaften beruhen tendenziell auf der Untersuchung von Feststoffen wie Gesteinen und Mineralien(öffnet in neuem Fenster)“, fügt Wijbrans hinzu. „Ohne Fluide ist das Bild jedoch unvollständig. Fluide beispielsweise wirken sich auf die Festigkeit von Gestein aus und agieren als Katalysator für Mineralreaktionen.“ Um Fortschritte auf diesem Gebiet zu erzielen, vereinte FluidNET Geowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die Wechselwirkungen innerhalb von Kristallen im Nano- und Mikrometermaßstab erforschen, mit anderen, die Prozesse im Kilometermaßstab erkunden. Die Idee dahinter lautete, dass diese Kombination aus Fachwissen hilfreich dabei sein könnte, bestimmte grundlegende Fragen zu beantworten, beispielsweise, ob bestimmte Fluidströme als kontinuierliches Rinnsal oder als plötzlicher Ausbruch auftreten.
Analyse metamorpher Untergrundgesteine
Im Mittelpunkt der Beantwortung dieser Fragen standen zwölf Nachwuchsforscherinnen und -forscher. Wijbrans arbeitete eng mit einer Person aus dem Forschungsnachwuchs zusammen, die sich auf Adern in metamorphen Untergrundgesteinen in den Pyrenäen konzentrierte. Metamorphe Untergrundgesteine sind ältere, kristalline Gesteine, die oft tief unter den Sedimentschichten zu finden sind. „Ein Großteil dieser Untergrundgesteine in den Pyrenäen entstanden gegen Ende des Paläozoikums (vor etwa 300 Millionen Jahren)“, erklärt Wijbrans. „Wir haben aus diesen Gesteinen Adernproben entnommen, in denen sich Wasser sammelte und floss, und diese in unserem Labor analysiert.“ Im Labor wurden Mineralfraktionen im Mikrometerbereich gereinigt. Es wurde festgestellt, dass in den innerhalb der Kristalle enthaltenen Fluiden gelöstes Kalium enthalten ist, aus dem mit geologischen Verfahren Altersdaten gewonnen werden können. Das Team konnte außerdem ermitteln, dass die Fluidströmung durch dieses Gestein nicht in Form eines kontinuierlichen Rinnsals, sondern impulsweise erfolgte. „Wir konnten diese Impulse auf Abstände von jeweils zehn Millionen Jahren datieren“, fügt Wijbrans hinzu. „Diese Entdeckung rückt die mögliche Entstehungsweise bestimmter Mineralien in ein neues Licht.“
Tektonische Modellierung und Fluidpulsmodellierung
Diese besondere Geschichte wurde noch interessanter, als die Forschung auf tektonische Bewegungen ausgeweitet wurde. Vor etwa achtzig Millionen Jahren begann sich Iberien vom übrigen Europa wegzudrehen, während Afrika nach Norden vordrang, wobei sich die Pyrenäen bildeten. Diese tektonische Geschichte konvergiert mit der FluidNET-Fluidpulsmodellierung. „Die zeitliche Abfolge der Fluidimpulse durch dieses Gestein könnte die Ursache oder das Ergebnis dieser Konvergenz von Afrika, Europa und der Iberischen Halbinsel sein – in der Geologie können wir uns nie ganz sicher sein“, erklärt Wijbrans. „Beispielsweise könnte es darauf hindeuten, dass Fluidströmungen das Gestein zu bestimmten Zeiten geschwächt haben, wodurch tektonische Bewegungen überhaupt erst möglich wurden. Oder umgekehrt: Tektonische Spannungen durch die sich annähernde Iberische Platte lösten Fluidfreisetzungen aus, als Verwerfungszonen reaktiviert wurden.“ Eine wissenschaftliche Arbeit über diese Forschung befindet sich gegenwärtig zur Begutachtung bei der Fachzeitschrift „Tectonics“. „Wir glauben wirklich, dass wir dort auf etwas gestoßen sind“, schließt Wijbrans.