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Re-Imagining Informality: Theorizing Informal Entrepreneurship and Economic Change in Transition Era China (1970s–1980s)

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Die Schattenwirtschaft im maoistischen China

Eine Analyse historischer Flohmärkte offenbarte das Ausmaß und den Einfluss verborgener unternehmerischer Aktivitäten im China der Übergangszeit.

Im Jahr 1966 brachte Mao Zedong, der ehemalige Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas, seine Kulturrevolution auf den Weg, um die Gesellschaft von kapitalistischen und bürgerlichen Einflüssen zu säubern. Während viele Forschende die Auswirkungen dieses sozialen Umbruchs untersucht haben, blieben die Funktionsweise der maoistischen Wirtschaft im Alltag sowie das Ausmaß und die Reichweite informeller Geschäftsaktivitäten weitgehend unerforscht. „Die Kulturrevolution ist für die Geschichtsforschung weitgehend eine Lücke geblieben, außer für diejenigen, die sich mit politischen Prozessen auf höchster Ebene beschäftigen“, erklärt Adam Frost(öffnet in neuem Fenster), Postdoktorand an der Copenhagen Business School. „Der Großteil der Betrachtung dieser Zeit ist von oben nach unten gerichtet, was zu den vorherrschenden Erzählungen über die chinesische Wirtschaftsentwicklung beigetragen hat“, sagt er. Entgegen der weitläufigen Annahme, dass der Staat über eine starke Kontrolle verfügte, war seine Fähigkeit, die gesamte Wirtschaft zu gestalten, in Wirklichkeit eher begrenzt, und informelles Unternehmertum existierte weiterhin. Im Rahmen des über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) finanzierten Projekts INFORMALITY untersuchte Frost das Ausmaß und den Einfluss dieser Informalität. Durch die Analyse historischer Dokumente hat er wirtschaftliche Subversionen im maoistischen China aufgedeckt, um ihre Rolle bei der Umgestaltung der Wirtschaft von Grund auf zu durchdringen. „Letztendlich habe ich versucht zu argumentieren, dass sie tatsächlich äußerst bedeutend war“, so Frost. „Es gibt sehr überzeugende Indizien dafür, dass die Wirtschaft während der gesamten maoistischen Periode von innen heraus revolutioniert wurde.“

Rekonstruktion der Vergangenheit aus entsorgten Archivmaterialien

Der formale Zugang zu Archivmaterialien aus dieser Zeit ist schwierig, und Archivare in China haben wenig Anreiz, ausländischen Forschenden Zugriff auf Dokumente zu gewähren. Also wandte sich Frost einer anderen Quelle zu: entsorgte Archivmaterialien. In den 1980er-Jahren wurden viele Institutionen konsolidiert und Archivmaterial ausgemustert, um als Altpapier recycelt zu werden. Ein gewisser Anteil wurde jedoch verkauft, wodurch niedrigrangige Regierungsarchive erhalten blieben. Während der Staat diese Informationen als wertlos betrachtete, waren sie für Frost eine wahre Goldgrube, die einzigartige Einblicke in die alltägliche Wirtschaftstätigkeit gewährte. Er trug mehr als 6.000 Fallakten von Personen zusammen, die wegen Spekulation oder Profitgier angeklagt wurden. Diese beinhalten Verhörprotokolle und Geständnisbriefe (die wahrscheinlich oft unter Zwang verfasst wurden), Quittungen, Verträge und Geschäftsbücher. Um das Ausmaß der strafrechtlich verfolgten Wirtschaftstätigkeit im ganzen Land abzuschätzen, erstellte Frost den größten quantitativen Datensatz für diesen Zeitraum. Durch die Kombination mit Berichten von höherer Ebene, wie z. B. internen Berichten und Reden, sowie mündlichen Überlieferungen und Interviews mit ehemaligen Regierungsbeamten, konnte er einen tieferen Einblick in diese Schattenwirtschaft gewinnen.

Untergrabung der vorherrschenden Narrative über die wirtschaftliche Entwicklung

Die Ergebnisse tragen zu den zunehmenden Belegen dafür bei, dass die vorherrschenden Narrative das Ausmaß der von unten kommenden Kräfte verkennen, die die wirtschaftliche Entwicklung Chinas im letzten Jahrhundert vorangetrieben haben. Frosts Forschung verortet den Beginn der wirtschaftlichen Transformation Chinas auch früher auf die Zeit vor Deng Xiaopings Reformankündigung im Jahr 1978. „Ich behaupte vor allem, dass die Öffnung kein Wendepunkt war“, fügt Frost hinzu. „Im Grunde genommen waren die Reformen eine Formalisierung informeller Praktiken, die in der chinesischen Gesellschaft bereits allgegenwärtig waren.“

Anerkennungen im Rahmen der Managementlehre

Der erste Artikel, der im Rahmen des Projekts in „The China Quarterly“(öffnet in neuem Fenster) veröffentlicht wurde, gewann den Gordon White Prize 2024, während ein weiterer Artikel(öffnet in neuem Fenster) über maoistische Beamte einen Top-Paper-Preis der Academy of Management(öffnet in neuem Fenster) gewann. Das abschließende Ergebnis des Projekts wird ein Buch sein: „Can Capitalism be Killed? The (Un)Making of a Market Economy in Maoist China, 1958–1978“ (zu Deutsch: Kann der Kapitalismus getötet werden? Die Ab- bzw. Entwicklung einer Marktwirtschaft im maoistischen China, 1958–1978), das in Kürze bei Harvard University Press erscheint.

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