Wie das Wettrüsten zwischen Insekten und Pflanzen deren Diversifizierung beeinflusst
Die Wechselwirkungen zwischen Insekten und Pflanzen sind für das Leben an Land entscheidend. Sie fördern Bestäubung und Herbivorie, grundlegende Prozesse für die Stabilität des Ökosystems, die Landwirtschaft und die biologische Vielfalt. „Diese Wechselwirkungen haben auch die Evolutionsgeschichte des Lebens beeinflusst und die unglaubliche Vielfalt an Insekten und Pflanzen hervorgebracht, die es heute gibt“, sagt Fabien Condamine(öffnet in neuem Fenster), Forscher am Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung(öffnet in neuem Fenster) (CNRS) in Frankreich. „All dies begann vor mehr als 400 Millionen Jahren.“ Im Rahmen des Projekts GAIA, das über den Europäischen Forschungsrat(öffnet in neuem Fenster) finanziert wurde, wollten Condamine und sein Team diese Beziehungen in einem großen evolutionären Maßstab erklären, wobei sie Schwalbenschwanzfalter (Papilionidae) als Modellgruppe verwendeten. Durch die Untersuchung ihrer Diversifizierung versuchten die Forschenden, die zugrundeliegenden Muster und Prozesse der Koevolution von Insekten und Pflanzen zu ergründen.
Die Evolution des Wettrüstens zwischen Insekten und Pflanzen im Fokus
Das Hauptziel bei GAIA bestand darin, das evolutionäre Wettrüsten zwischen Schwalbenschwanzfalter und Wirtspflanzen in einem beispiellosen Detailgrad zu rekonstruieren. Dafür erstellte das Team zunächst eine neue taxonomische Liste mit rund 640 Arten, die die gesamte Familie der Papilionidae abdeckt und damit einen der bisher umfassendsten Datensätze für eine Schmetterlingsfamilie darstellt. Die größte Herausforderung bestand darin, Ganzgenomdaten für all diese Arten zu erzeugen. Zu diesem Zweck erstellten die Forschenden hochwertige Referenzgenome für die Hauptlinien und sequenzierten parallel dazu die Genome aller anderen Arten, von denen viele selten oder nur aus historischen Museumssammlungen verfügbar waren. Um dies zu erreichen, entwickelten die Forschenden ein spezielles Protokoll, das für degradierte DNA optimiert wurde und es ihnen ermöglichte, alte Proben zu sequenzieren, die sonst nicht sequenziert und nicht in den Stammbaum aufgenommen worden wären. Über modernste phylogenomische Ansätze konstruierte das Team dann den Stammbaum der Schwalbenschwänze, bevor es makroevolutionäre Hypothesen über den Einfluss von Wirts-Pflanzen-Verbindungen auf die Diversifizierung prüfte.
Das Wissen über die evolutionäre Diversifizierung vertiefen
Mit GAIA wurde das Verständnis für diese wichtigen Wechselwirkungen erheblich verbessert. Neben dem großen Erfolg des Stammbaums der Papilionidae war eine wichtige Erkenntnis, dass Verschiebungen und Spezialisierungen bei den Wirtspflanzen klare genomische Signaturen der Anpassung und Innovation hinterlassen haben. Das bedeutet, dass diese Interaktionen die Diversifizierung vorangetrieben haben. „Bei unserer Forschung auf Gattungsebene(öffnet in neuem Fenster) sind signifikante makroevolutionäre Zusammenhänge zwischen der Besiedlung durch Pflanzen und der Diversifizierung der Schmetterlinge aufgekommen“, so Condamine. „Dank GAIA verfügen wir nun über Genomdaten für 99,8 % der Schwalbenschwanzarten, was es uns ermöglicht, in einer anstehenden Studie diese Ergebnisse bei voller Artenauflösung zu überprüfen und erheblich zu erweitern“, fügt er hinzu. Das Team erstellte auch neue phylogenetische und taxonomische Rahmenwerke für wichtige Gruppen, darunter die Papilionini(öffnet in neuem Fenster) und Leptocircini(öffnet in neuem Fenster) sowie die Unterfamilie Parnassiinae(öffnet in neuem Fenster). Zu den weiteren bemerkenswerten Ergebnissen gehören Verbesserungen bei der Abgrenzung der Arten und der Erhaltungsgenomik, zum Beispiel beim Artenkomplex Papilio machaon(öffnet in neuem Fenster) im Mittelmeerraum. „Während im Projekt GAIA grundlegende Fragen zur Geschichte des Lebens(öffnet in neuem Fenster) erforscht wurden, sind auch dringenden gesellschaftlichen Herausforderungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt, die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme und die Zukunft der Bestäubungsdienste berücksichtigt worden“, so Condamine.
Nutzen für die breitere wissenschaftliche Gemeinschaft
Das Team hofft, dass die Ergebnisse der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht nur in der Evolutionsbiologie, sondern auch in der Ökologie, dem Naturschutz und der Entwicklungsgenetik als dauerhafte Ressource dienen werden. „Unsere Ergebnisse zur Koevolution und Diversifizierung von Insekten und Pflanzen regen eine breitere wissenschaftliche Debatte über die Triebkräfte der biologischen Vielfalt an“, fügt Condamine hinzu. „Sie liefern konkrete Beispiele dafür, wie ökologische Wechselwirkungen makroevolutionäre Muster prägen können – eine Perspektive, die angesichts des weltweiten Verlusts der biologischen Vielfalt immer wichtiger wird.“