Die biotechnologische Lösung für das Recycling komplexer Kunststoffabfälle
Die Welt produziert 460 Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr(öffnet in neuem Fenster), von denen nur 9 % recycelt werden und der Rest deponiert oder verbrannt wird. In Europa, wo im Jahr 2021 das gesamte Kunststoffabfallaufkommen 16 Millionen Tonnen(öffnet in neuem Fenster) betrug, liegen die Recyclingquoten nach wie vor bei etwa 35 %(öffnet in neuem Fenster) und der meiste Kunststoff wird zur Energiegewinnung verbrannt (42 %) oder deponiert (23 %). So gelangen Kunststoffe in die Ozeane und in die Nahrungskette. Schwierigkeiten in derzeitigen mechanischen Recyclinganlagen sind vor allem gemischte Kunststoffabfälle, Mehrschichtfilme, Mischungen und Zusatzstoffe, da sie auf leicht zu sortierende und relativ saubere Abfallströme angewiesen sind, während die in der Entwicklung befindlichen chemischen Lösungen mehr Energie benötigen und die CO2-Emissionen erhöhen. „Dies ist ein dringendes Problem. Schätzungen zufolge könnten bis 2050 durch die Herstellung und Verbrennung von Kunststoffen Emissionen freigesetzt werden, die denen von über 600 Kohlekraftwerken pro Jahr entsprechen“, erklärt Cristiano Varrone(öffnet in neuem Fenster) vom EU-finanzierten Projekt UPLIFT(öffnet in neuem Fenster). Unter Anwendung innovativer biochemischer Upcycling-Technologien und Ökodesigns hat das UPLIFT-Team eine nachhaltigere Wertschöpfungskette für Kunststoffverpackungen im Lebensmittel- und Getränkesektor entwickelt. „Mit unserer einzigartigen Lösung werden gemischte Kunststoffabfälle in Monomere aufgespalten, die dann durch mikrobielle Prozesse in erneuerbare Kunststoffe und Zusatzstoffe umgewandelt werden“, sagt Varrone von der Universität Aalborg(öffnet in neuem Fenster), dem Projektträger.
Eine neue Bioraffinerie für Öko-Polymere
Mit einer Kombination aus fortschrittlichen Vorbehandlungsverfahren, Enzymen, Mikroorganismen und umweltfreundlicheren chemischen Katalysatoren können mit dem innovativen Depolymerisationsverfahren von UPLIFT gemischte Kunststoffabfälle verarbeitet werden, die derzeit nicht richtig recycelt werden können. In Tests wurden die besten Enzyme für die Aufspaltung von Polyesterpolymeren in ihre einzelnen Monomere ermittelt, und zwar unter milden Bedingungen – niedrigen Temperaturen und ohne aggressive Chemikalien. Dieses Depolymerisationsverfahren wurde durch innovative und unschädliche chemische Katalysatoren ergänzt. Der entscheidende Durchbruch im Projekt war der Ansatz der Bioraffinerie für Kunststoffe, bei dem aus Kunststoffen gewonnene Monomere mit biobasierten fermentierten Bausteinen kombiniert werden. Gentechnisch veränderte Mikroorganismen recyceln diese aus Kunststoffen gewonnenen Monomere und andere Rückstände zu Verbindungen wie Polyhydroxyalkanoate(öffnet in neuem Fenster) (PHA), um Öko-Polymere herzustellen, die kohlenstoffneutraler und leichter zu recyceln sind. Nach der Prüfung der Depolymerisation reiner kommerzieller Kunststoffe verlagerte sich der Schwerpunkt auf anspruchsvollere Post-Consumer-Kunststoffabfälle, darunter Flaschen aus Polyethylenterephthalat(öffnet in neuem Fenster) (PET), Schalen und gemischte Kunststoffabfälle. Im Rahmen des Projekts wurde die enzymatische Depolymerisation von 25 kg echtem Kunststoffabfall im Pilotmaßstab sowie die Herstellung innovativer biobasierter Bausteine in einem 1500-Liter-Reaktor erreicht. Das UPLIFT-Team hat seine effektivsten Verfahren zur Herstellung von 10-20 kg Bio-Upcycling-Ökopolymeren auf PHA- und Polymilchsäure(öffnet in neuem Fenster) –Basis ausgebaut, die zu neuen Verpackungsmaterialien (einschließlich flexibler Folien, Hartschalen und Flaschen) verarbeitet werden. „Trotz der Vorteile für die Umwelt ist die weitreichende Einführung innovativer Öko-Polymere nach wie vor eine Herausforderung, und die Kosten sind noch zu hoch, um mit herkömmlichen Technologien konkurrieren zu können“, fügt Varrone hinzu.
Den Übergang zur Kreislaufwirtschaft fördern
Zwischen 2010 und 2022 wird die Menge der Kunststoffverpackungsabfälle in Europa um etwa 29 %(öffnet in neuem Fenster) zunehmen. Inzwischen wird die Hälfte der zum Recycling gesammelten Kunststoffe zur Behandlung in Länder außerhalb der EU ausgeführt. Da China nun die Einfuhr von Kunststoffabfällen einschränkt, wird wahrscheinlich mehr davon verbrannt oder auf Deponien gelagert, wodurch die Ziele der EU zur Kreislaufwirtschaft(öffnet in neuem Fenster) schwerer erreichbar sind. Dies ist besonders unter dem Aspekt besorgniserregend, dass etwa 22 Millionen Tonnen Kunststoff(öffnet in neuem Fenster) im Jahr 2019 in Böden, Flüsse und Meere gelangten und dass sich sowohl die Kunststoffleckagen als auch die Emissionen aus dem Lebenszyklus von Kunststoffen bis 2060 mindestens verdoppeln werden. Mit den Innovationen aus UPLIFT könnte ein Beitrag dazu geleistet werden, dass bis 2035 mindestens 65 % (nach Gewicht) der Siedlungsabfälle wiederverwendet und recycelt werden, wie es die EU-Abfallrahmenrichtlinie(öffnet in neuem Fenster) vorsieht. Das Team hat sich bereits ein Patent auf chimäre Enzyme gesichert und arbeitet nun an der Optimierung der Verfahren, um die Kosten für Upcycling und die Herstellung von Öko-Polymeren zu senken.