KI beweist ihre Stärke bei Präzisionsdiagnose von Prostatakrebs
Bei Männern ist Prostatakrebs der am zweithäufigsten diagnostizierte Krebs. Konventionelles Screening stützt sich auf den Gehalt an prostataspezifischem Antigen (PSA) im Blut, der zwar auf Anomalien der Prostata hinweisen kann, aber als nicht sehr spezifisch gilt. Auch die klinische Untersuchung und der Ultraschall weisen nur begrenzt Empfindlichkeit auf und es können häufig weder Tumoren im Frühstadium noch eine aggressive von einer indolenten Erkrankung unterschieden werden. In jüngster Zeit hat sich die multiparametrische Magnetresonanztomografie (mpMRT) als präziseres Instrument zur Erkennung und Bewertung von Prostatakrebs erwiesen. In ihr sind mehrere bildgebende Verfahren kombiniert, um detaillierte Informationen über die Lage des Tumors, seine Größe und die Wahrscheinlichkeit einer Bösartigkeit zu erhalten. Die Interpretation dieser komplexen Scans erfordert jedoch eine spezielle Ausbildung, erfolgt durch klinische Fachleute eher uneinheitlich und nimmt viel Zeit in Anspruch.
Die Macht der KI nutzen
Um diese Herausforderungen zu meistern, hat das Team des EU-finanzierten Projekts ProCAncer-I(öffnet in neuem Fenster) eine Plattform auf der Grundlage künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt, die hochwertige Bildgebungsdaten mit klinischen Informationen kombiniert, um die Diagnose, Patientenstratifizierung und Krankheitsüberwachung zu verbessern. „Unsere Zielsetzung lautete, KI-Modelle zu entwickeln, die Prostatakrebs auf der Grundlage von mpMRT-Scans erkennen und charakterisieren können, und zwar mit einer höheren Leistung als gemäß heute üblicher Standards“, erklärt Projektkoordinator Manolis Tsiknakis von der Foundation for Research and Technology - Hellas(öffnet in neuem Fenster).
Neue Standards in der KI-Diagnostik
Die ProCAncer-I-Plattform beruht auf einer großen Sammlung von Prostatakrebs-Bildgebungsdaten. Retrospektive und prospektive Daten von über 14 000 Patienten und mehr als neun Millionen MRT-Bilder dienten als Ressource für die Entwicklung von KI-Algorithmen, die auf reale klinische Bedürfnisse zugeschnitten sind. Zu den im Rahmen des Projekts entwickelten KI-Instrumenten zählen Modelle zur Erkennung von Krebs sowohl in den Rand- als auch in den Übergangszonen der Prostata sowie zur Charakterisierung der Tumoraggressivität und zur Unterstützung der Läsionsegmentierung. Diese Instrumente wurden innerhalb von multizentrischen Studien erprobt und wiesen klinische Genauigkeit auf.
Vertrauenswürdige KI
Bei der Projektarbeit wurde von Anfang an großer Wert auf die Entwicklung vertrauenswürdiger KI gelegt. Da das Projektkonsortium an der Gründung der Initiative FUTURE-AI(öffnet in neuem Fenster) beteiligt war, wurden erhebliche Anstrengungen in die Konzeption und Entwicklung von Werkzeugen und Ansätzen gesteckt, mit denen die Einhaltung der FUTURE-AI-Leitlinien zu gewährleisten ist. „Wir haben ein neuartiges KI-Modell-Passsystem entwickelt, mit dem dokumentiert wird, wie jedes Modell trainiert, validiert und getestet wurde, wodurch der gesamte Prozess transparent und reproduzierbar wird“, erklärt Tsiknakis. Dazu gehört die Nachverfolgung der Datenerfassung und -vorverarbeitung, des Modelltrainings und der Bewertung. Zudem wurden im Rahmen des Projekts Überwachungsinstrumente entwickelt, mit denen zu erfassen ist, wann die Modelle unzureichend zu funktionieren beginnen, sodass ein rechtzeitiges Eingreifen und eine Qualitätssicherung im klinischen Umfeld möglich sind.
Klinische Umsetzung
Die ProCAncer-I-Modelle berücksichtigen ein breites Spektrum an bildgebenden und nichtbildgebenden Variablen, etwa PSA-Werte, Lage der Läsion und PIRADS-Scoring(öffnet in neuem Fenster). Auf diese Weise kann das klinische Fachpersonal eine objektivere Risikobewertung vornehmen, aggressive Krebsarten früher erkennen sowie die beste Behandlung für jeden Patienten auswählen. Die verschiedenen erzeugten Datensätze, die jeweils einem bestimmten klinischen Anwendungsfall entsprechen, wurden über einen Verbundknoten in die Initiative über bildgebende Verfahren in der Krebsmedizin(öffnet in neuem Fenster) integriert, die zum europaweiten Ökosystem der Krebsbildgebung beiträgt. Damit wird die Nachhaltigkeit und die Abstimmung mit umfassenderen europäischen Initiativen im Gesundheitsbereich gewährleistet. Neben den technischen Errungenschaften werden die Ergebnisse von ProCAncer-I auch zur politischen Entwicklung beitragen. In Zukunft verfolgt das Team das Ziel, die Vorhersagemodelle der Plattform zu verfeinern und die europaweite Zusammenarbeit mit Gesundheitsdienstleistern zu vertiefen. „Mit ProCAncer-I wurde bewiesen, dass KI sowohl leistungsstark als auch verantwortungsbewusst sein und somit in der Klinik die Diagnostik unterstützen kann, schließt Tsiknakis.