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environmentAL Toxicity chEmical mixtuRes through aN innovative platform based on aged cardiac tissue model

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Intelligentes 3D-Herzmodell für chemische Tests

Herzen sind im zunehmenden Alter anfälliger gegenüber chemische Belastungen, doch bei den heute üblichen Sicherheitsprüfungen finden altersbedingte Risiken nur selten Berücksichtigung. Ein neues 3D-Modell auf der Basis von menschlichem Gewebe könnte hier Änderungen herbeiführen.

In unserer Alltagsumgebung sind tausende Chemikalien im Umlauf, angefangen bei industriellen Lösungsmitteln und Pestiziden bis hin zu Reinigungsmitteln und Bestandteilen von Lebensmittelverpackungen. Während die meisten von ihnen einem grundlegenden Toxizitätsscreening unterzogen werden, wird ihren Auswirkungen auf das menschliche Herz, insbesondere auf das alternde Herz, häufig wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Bei den derzeitigen Risikobewertungen von Chemikalien werden nur selten langfristige Herzschäden bewertet oder Unterscheidungen zwischen jungen und älteren Bevölkerungsgruppen vorgenommen. Zudem beruhen sie zumeist auf Tierversuchen, die die menschliche Physiologie nicht vollständig wiedergeben und ernsthafte ethische Bedenken aufwerfen.

Biotechnologie für das alternde Herz

Das Ziel des EU-finanzierten Projekts ALTERNATIVE(öffnet in neuem Fenster) besteht darin, dieses Problem mit der Entwicklung eines 3D-Modells auf der Basis von menschlichem Gewebe zu lösen. Es ahmt die Struktur und Funktion von echtem Herzgewebe nach und kann derart eingestellt werden, dass es junges oder alterndes Gewebe nachbildet. „Unser Ziel lautete, eine In-vitro-Plattform zu schaffen, um zu untersuchen, wie sich Chemikalien auf das menschliche Herz auswirken, und das insbesondere im Zusammenhang mit der Alterung“, erklärt Projektkoordinator Gianluca Ciardelli. Das biotechnologisch hergestellte Modell besteht aus vier Komponenten: einem maßgeschneiderten 3D-gedruckten Gerüst, einem die extrazelluläre Matrix des Herzens simulierendem Hydrogel, menschlichen Zellen und einem dynamischen Bioreaktorsystem. Das poröse Gerüst besteht aus einem neuartigen biokompatiblen Polymer und ist mit Fibronektin beschichtet, um die Zelladhäsion zu verstärken. Die Poren sind mit einem Hydrogel auf Gelatinebasis gefüllt, dessen Steifigkeit abgestimmt werden kann, um junges oder zunehmend gealtertes Herzgewebe zu simulieren. Das Modell umfasst Endothelzellen und aus menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen abgeleiteten Kardiomyozyten(öffnet in neuem Fenster). Ein mikrofluidischer Bioreaktor ahmt die im Herzen anliegenden mechanischen und elektrischen Reize nach. Er liefert die Perfusionsströmung und elektrische Impulse, während mit Echtzeitsensoren der pH-Wert und der Sauerstoffgehalt überwacht werden.

Intelligentere und schnellere Tests

„Mit unserer Plattform können wir nicht nur Herzgewebe nachahmen, sondern auch nachverfolgen, wie die Exposition gegenüber Chemikalien die Genexpression, die Proteinsignalwege und die strukturelle Integrität in jungem im Vergleich zu gealtertem Herzgewebe verändert“, hebt Ciardelli hervor. Die Plattform beinhaltet Multiomik-Analysen (Genomik, Transkriptomik, Proteomik) und Instrumente des maschinellen Lernens, um die Erkennung früher Anzeichen von Kardiotoxizität zu optimieren. Sie entspricht außerdem den regulatorischen Leitlinien und unterstützt die Ziele der EU, die im europäischen Grünen Deal(öffnet in neuem Fenster) beschrieben sind. Die Arbeit von ALTERNATIVE wird den Erwartungen entsprechend dazu beitragen, dass die europäischen Behörden die von Umweltchemikalien ausgehenden Risiken für das Herz neu bewerten. In Tierstudien werden häufig wichtige Marker für Herzstress oder degeneration übersehen, insbesondere bei älteren Individuen. Die ALTERNATIVE-Plattform gestattet mechanistische Einblicke in Herzrhythmusstörungen, Kontraktilitätsveränderungen und altersbedingte Anfälligkeiten mit einem Grad an Genauigkeit, der bisher außerhalb des Labors unerreichbar war. Außerdem können mit dem Modell Chemikalienmischungen bewertet, mit denen die reale Exposition simuliert wird, und den Regulierungsbehörden mehr bevölkerungsspezifische Risikodaten zugearbeitet werden, insbesondere über ältere Erwachsene.

Vom Labor zur Politik

Das Team von ALTERNATIVE hat zwei Pfade zu nachteiligen kardiotoxischen Auswirkungen (Adverse Outcome Pathways) identifiziert, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung(öffnet in neuem Fenster) (OECD) anerkannt wurden, um evidenzbasierte internationale Normen zu verbessern und Strategien zum Einsatz bestimmter Chemikalien zu formulieren. Nach Projektabschluss konzentriert sich das Team nun auf die Veröffentlichung der Ergebnisse und die Suche nach Kommerzialisierungspartnern. Komponenten wie die mikrofluidische Plattform und mit Sensoren ausgestattete Bioreaktoren könnten bald als Teil von Testkits der nächsten Generation auf den Markt kommen. „In der Zwischenzeit wird die Plattform weiter verfeinert und in Folgestudien und EU-Projekten angewandt, um eine umfassendere Verlagerung hin zu für den Menschen relevanten Aspekten, ethischen und präzisen Toxizitätstests zu unterstützen“, schließt Ciardelli.

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