Das Verhalten von Hochtemperatursupraleitern erklärt
Somit besitzt die Supraleitung das Potenzial, Europa dabei zu helfen, eine höhere Energieeffizienz zu erreichen und interessante neue Anwendungen zu realisieren. Da es hier keinen Widerstand für den elektrischen Fluss gibt, geht keine Energie verloren (wie es derzeit beispielsweise bei der Energieübertragung vom Kraftwerk zum Gebäude der Fall ist). Innovative Konzepte wie die Magnetschwebebahn sind dadurch technisch realisierbar.
Eigenschaften unterkühlter Materialien
Supraleitung wurde vor über 100 Jahren entdeckt. Ursächlich für den Widerstand eines Metalls sind die Schwingungen der einzelnen Atome, die beim Abkühlen des Materials immer kleiner werden. „Hier müssen wir die absolute Temperaturskala berücksichtigen“, erklärt CATCH-22(öffnet in neuem Fenster) –Projektkoordinator Nigel Hussey von der University of Bristol(öffnet in neuem Fenster) im Vereinigten Königreich. „Der Gefrierpunkt von Wasser – null Grad Celsius – entspricht 273 Grad Kelvin. Der absolute Nullpunkt ist null Grad Kelvin. An diesem Punkt hören die Atome vollständig auf zu schwingen. Das Außergewöhnliche an Supraleitern ist, dass der Zustand des Null-Widerstands bei endlichen Temperaturen erreicht wird, also während die Atome noch schwingen. Wie sich herausstellte, fördern genau diese Schwingungen die Supraleitung.“ Dennoch herrschte über Jahrzehnte hinweg ein allgemeiner Konsens darüber, dass es eine Höchsttemperatur gibt, bei der Materialien supraleitend sind – bei etwa 30 Grad Kelvin. Um diese Materialien unter diese Temperatur abzukühlen, wurde teures flüssiges Helium benötigt.
Supraleitende Eigenschaften bei höheren Temperaturen
In den 1980er Jahren wurde jedoch eine Klasse von Verbindungen – die so genannten Cuprate – entdeckt, die oberhalb dieser Schwelle supraleitende Eigenschaften aufweisen. Die Manipulation von Verbindungen zur Erzielung von Supraleitfähigkeit bis zu 130 Kelvin bedeutet, dass flüssiger Stickstoff – der um ein Vielfaches billiger ist als flüssiges Helium – zur Kühlung solcher Materialien verwendet werden kann. Dies könnte die Tür zu billigeren Supraleitern öffnen. Aus diesem Grund konzentrierte sich das Projekt CATCH-22 auf diese Klasse von Verbindungen. Der Mechanismus, der sich hinter dieser Supraleitung verbirgt, bleibt eines der großen Rätsel der Physik. Das über den Europäischen Forschungsrat(öffnet in neuem Fenster) unterstützte Projekt sollte das Verhalten dieser Hochtemperatursupraleiter erforschen – und erklären. Das Projektteam konzentrierte sich auf diese Materialien in ihrem metallischen Zustand – d. h. bevor sie supraleitend werden – um besser zu verstehen, wie sich der Widerstand entwickelt und insbesondere, was mit den beweglichen Elektronen geschieht.
Schritte zu einer neuen Theorie der Supraleitung
Um dies zu erreichen, brachten Hussey und sein Team hohe Magnetfelder, Freie-Elektronen-Laser und intensive Strompulse zum Einsatz, um weitere Informationen über diesen metallischen Zustand zu erhalten. „Wir stellten eine eindeutige Korrelation zwischen dem Widerstand eines Materials im metallischen Zustand und der Höhe der supraleitenden Temperatur fest“, sagt Hussey. „Hochtemperatursupraleiter sind zwar widerstandsfähiger, doch wenn wir sie abkühlen, verschwindet dieser Widerstand.“ Darüber hinaus lieferte das Projekt den ersten Beweis für einen direkten Zusammenhang zwischen der supraleitenden Übergangstemperatur und der Stärke der Kopplung an die so genannten Spinfluktuationen. Hier spielen also nicht die schwingenden Atome, sondern die sich drehenden Elektronen die Hauptrolle bei der Bestimmung des Widerstands. „Es gibt eindeutig eine zusätzliche Wechselwirkung oder Eigenschaft der Elektronen, die Supraleitfähigkeit verstärkt, und das ist der Punkt, an dem es verwunderlich wird“, bemerkt Hussey. „Das Fazit ist: Wir wissen immer noch nicht, worum es sich handelt, aber wir wissen jetzt, wo wir suchen müssen.“ Das Projekt CATCH-22 erzielte wichtige Fortschritte bei der Entwicklung einer neuen Theorie, die das Verhalten dieser Hochtemperatursupraleiter erklärt. „Das Ziel besteht nun darin, an diesen Punkt zu gelangen, indem wir mit intelligenten Theoretikern zusammenzuarbeiten und intelligente Experimente entwickeln“, ergänzt Hussey.