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Life histories of the Neolithic Transition: Estimating and modelling European life history events and human fertility rates

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Eine neue Methode zur Aufdeckung der Lebensgeschichte auf Basis der Zahnmikrostruktur

Schwangerschaft und Stillzeit sind „Krisenereignisse“, bei denen besondere Anforderungen an die Mutter gestellt werden, damit diese für den Fötus und das neugeborene Baby genügend Calcium zur Verfügung stellt. Die EU-Forschung hat eine neue, zuverlässigere Methode entwickelt, um diese Ereignisse der Lebensgeschichte anhand der Zahnmikrostruktur zu ergründen.

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Manche Studien mit lebenden Menschen und Menschenaffen weisen darauf hin, dass Parameter der Lebensgeschichte (LHPs) wie Schwangerschaften, Skeletttraumata und Nierenkrankheiten, anhand von hypomineralisierten Wachstumsschichten des Cementums – der Oberflächenschicht der Zahnwurzel – identifiziert werden können. Ein Mangel an verfügbarem Calcium an der Mineralisierungsfront des Cementums während solcher Ereignisse führt zur Entstehung einer Wachstumsschicht, in welcher der Zahnschmelz und das Zahnbein weicher ist als normal. Durch optische Vergrößerung mit umgewandeltem Licht können hypomineralisierte Schichten erkannt werden, da sie breiter, weiter und dunkler aussehen als vollständig mineralisierte Schichten. Die Verwendung von Cementum-Wachstumsschichten, die sogenannte Methode der Zahnzementringanalyse (TCA), wird jedoch als Methode zur Schätzung des individuellen Alters und als Hilfe zur Identifizierung der Lebensgeschichte nur sporadisch eingesetzt, und die Ergebnisse werden oftmals vorsichtig betrachtet oder in Zweifel gezogen. Das EUROLIFE-Projekt verfolgt einen ganz neuen Ansatz, um wichtige LHP anhand menschlicher Zähne zu ermitteln und nicht nur anhand ihrer sichtbaren Effekte, wie es in früheren Studien vorgeschlagen wurde. Projektkoordinator Prof. Stephen Shennan erklärt: „Der neue Test basiert auf der chemischen Zusammensetzung und dem Grad der Mineralisierung von Hydroxyapatit des azellulären Fremdfaserzements (AEFC).“ Hydroxyapatit ist der Hauptbestandteil des Mineralteils von Knochen und Zähnen. Zahnmikrostruktur und Ereignisse der Lebensgeschichte während der archäologischen Zeit Die Anwendung der neuen Erkenntnisse von EUROLIFE könnte die Ermittlung von Fertilitätsraten während der Neolithischen Revolution (NDT) umfassen, der Zeit, in der die Bevölkerung der Welt drastisch anstieg. Die NDT begann in Europa um 7 000 v. Chr. und brachte Veränderungen des Lebensstils in Verbindung mit der Übernahme von Landwirtschaft und der Ansiedlung in Dörfern mit sich. Radiokarbondaten liegen für die antiken Proben bereits vor, neben Angaben zum archäologischen Kontext, aus dem sie stammen, zum Beispiel Begräbnisstätten. Zwei Schlüsselthemen dominieren in der Forschung EUROLIFE-Mitarbeiterin Dr. Marija Edinborough leitete eine klinische Studie mit einem umfassenden Datensatz von 200 Sätzen menschlicher Zähne und damit verbundenen dokumentierten Informationen zur Lebensgeschichte. Daraus wurden neue rigorose Aufzeichnungsprotokolle angefertigt. Die Zuverlässigkeit der Cementumdaten wurde dann unter dem Mikroskop geprüft! Das Projekt zeigte deutlich die unsichere Zuverlässigkeit des Cementums als einheitliche Quelle für Daten zur Lebensgeschichte, die zum Teil den Einschränkungen der optischen Mikroskopie geschuldet sind. Wie Prof. Shennan erläutert, „konzentriert sich dies ausschließlich auf visuelle Effekte der einzelnen Cementum-Linien, die verschiedenartig sein können.“ Anhaltende Herausforderungen für die künftige Interpretation archäologischer Überreste Obwohl die neuen Erkenntnisse von EUROLIFE derzeit ausschließen, dass das Cementum als Datierungswerkzeug für Ereignisse der Lebensgeschichte in der NDT in Europa genutzt werden, ist das nicht unbedingt ein negatives Resultat. Im Gegenteil ist es eine extrem bedeutende Erkenntnis, da sie vor der Verlockung warnt, oberflächlich plausible Daten der Lebensgeschichte von spärlich erkundeten Fällen anzuwenden, bevor die zugrundeliegenden Prozesse vollständig klar sind. Nun wurde eine neue, sehr rigorose Methode für die Untersuchung der AEFC-Mikrostruktur entwickelt (sie wird in einer bald folgenden Publikation der Wissenschaft zur Verfügung gestellt). Bis dahin, so fasst Prof. Shennan zusammen, gilt: „Auch wenn das Hauptziel des Projekts erfüllt wurde und von EUROLIFE eine neue zuverlässige Datenquelle für die Erkennung von LHP entwickelt wurde, stecken viele Aspekte der Cementum-Forschung noch in ihren Kinderschuhen. Dieses Thema erfordert deutlich mehr klinische Forschung, ehe es auch für archäologische Fallstudien angewandt werden kann.“

Schlüsselbegriffe

EUROLIFE, Cementum, Zahn, Ereignisse der Lebensgeschichte, neolithisch

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