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Radiocarbon, tree rings, and solar variability provide the accurate time scale for human evolution and geoscience

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Zeitpunkts des Kontakts zwischen Neandertalern und modernen Menschen kalibrieren

Forschende haben anhand von Baumringen einen genaueren Zeitrahmen für die erste Begegnung zwischen unseren Vorfahren und ihren Neandertaler-Verwandten festgelegt.

Vor etwa 40 000 Jahren kollidierten die Schicksale unserer menschlichen Vorfahren und der Neandertaler miteinander. Während eines Zeitfensters von etwa 5 000 Jahren interagierten die beiden Arten auf eine Art und Weise, die immer noch kontrovers diskutiert wird. Dank genetischer Nachweise wissen wir, dass sie miteinander Nachkommen zeugten, jedoch war es immer schwierig, den genauen Zeitpunkt ihrer Begegnungen zu bestimmen. Die Ergebnisse der Radiokarbondatierung archäologischer Materialien müssen anhand einer unabhängigen Aufzeichnung, einer sogenannten Kalibrierungskurve, abgestimmt werden. Bislang war diese Kurve nicht ausreichend präzise, um ein genaues Bild der Vergangenheit zeichnen zu können. „Die Unsicherheiten waren derart groß, dass es bildlich gesprochen so war, als würden wir heute eine E-Mail von Julius Cäsar erhalten“, sagt Sahra Talamo, Koordinatorin des Projekts RESOLUTION(öffnet in neuem Fenster) und Leiterin des Radiokarbonlabors an der Universität Bologna(öffnet in neuem Fenster) in Italien. „Das Zeitsignal ist dermaßen unscharf.“

Auf der Suche nach Gletscherbäumen

Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat(öffnet in neuem Fenster) unterstützten Projekts RESOLUTION versuchten Talamo und ihre Kolleginnen, die erste genaue Chronologie bis in die Zeit vor 50 000 Jahren zu erstellen. Zu diesem Zweck verfeinerten sie die Kalibrierungskurve anhand uralter, versteinerter Bäume. „Dadurch konnten wir unser Verständnis des Zeitpunkts und der Art der Interaktionen zwischen anatomisch modernen Menschen und Neandertalern erheblich erweitern und somit wichtige chronologische Erkenntnisse gewinnen, die zuvor außer Reichweite lagen“, fügt Talamo hinzu. Um die Chronologie zu erstellen, musste das Team zunächst geeignete Gletscherbäume finden. Diese Suche führte sie zu industriellen Sand- und Kiesgruben in ganz Italien sowie in einen neu entdeckten versunkenen Fossilienwald vor der Küste Portugals. Anhand dieser Bäume erstellte das Team eine Jahrtausende umfassende Baumringchronologie(öffnet in neuem Fenster) für einen Teil der letzten Eiszeit vor etwa 18 475 bis 17 350 Jahren. Die Doktorandin Silvia Cercatillo erstellte außerdem eine Baumringchronologie über einen Zeitraum von 220 Jahren(öffnet in neuem Fenster), die den Wert uralter Bäume zur optimierten Radiokarbonkalibrierung aufzeigte.

Präzise Chronologie der fernen Vergangenheit

Die Forschenden konnten zudem chronologisch genaue, direkt datierte Belege für die Präsenz der anatomisch modernen Menschen und symbolisches Verhalten in Europa finden. Dies wurde vor allem in zwei aussagekräftigen Veröffentlichungen deutlich. In der ersten berichtet das Team über die Entdeckung eines Elfenbeinanhängers und einer Ahle (eines spitzen Werkzeugs) in einer Höhle in Polen, die auf etwa 41 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung datiert wird. In jüngerer Zeit leisteten die Forschenden Pionierarbeit mit „Radiocarbon 3.0“, einem verfeinerten Datierungssystem, das den Weg zu einer neuen Generation der Radiokarbonforschung bereitet hat. „Mit der Präzision und den methodischen Innovationen, die wir innerhalb dieses Projekts erreichten, haben wir den Grundstein dafür gelegt, die Kalibrierung auf der Basis von Baumringen deutlich weiter zurück ins Obere Pleistozän zu verschieben, möglicherweise in die Zeit bis vor 50 000 Jahren“, berichtet Talamo. „Das ist nicht nur ein wissenschaftlicher Meilenstein, sondern sowohl für die Archäologie als auch für die Klimaforschung ein entscheidender Schritt nach vorn.“

Eine Geschichte der hominiden Koexistenz

Die Arbeit des Projekts RESOLUTION hat ergeben, dass Neandertaler und anatomisch moderne Menschen nicht einfach nebeneinander existierten, sondern dass sie wahrscheinlich in bestimmten durch die Umwelt geprägten Zeitabschnitten verschiedene Regionen bewohnten. Ihre Interaktionen wurden wahrscheinlich ebenso durch klimatische Veränderungen wie durch kulturelle oder biologische Faktoren geprägt. „Dank Radiocarbon 3.0. sind wir nicht mehr auf allgemeine Annahmen darüber beschränkt, wann der Homo sapiens auftrat oder wie er sich mit dem Neandertaler überschnitt“, merkt Talamo an. „Wir verfügen jetzt über die Mittel, in Echtzeit zu verfolgen, wie diese Prozesse abliefen.“ Neben den wissenschaftlichen Publikationen hat Talamo auch ein Buch veröffentlicht(öffnet in neuem Fenster) (Website auf Italienisch), das die Reise beschreibt, die das Projekt RESOLUTION zurückgelegt hat. Damit sollen junge Forscherinnen und Forscher dazu angeregt werden, auf ähnlichem Niveau zu forschen.

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