Mit Pflanzenwissen Kolibripopulationen fördern
Kolibris treten sehr vielfältig in Erscheinung, sind oft recht spezialisiert und ernähren sich fast ausschließlich von Nektar. Das bedeutet, dass sie in den Ökosystemen, insbesondere bei der Bestäubung, eine Schlüsselrolle übernehmen. In den tropischen Dschungeln und Wäldern Südamerikas zum Beispiel agieren sie besonders in höheren Lagen, wo sie unter den meisten Bedingungen zum Fliegen in der Lage sind, als wichtige Bestäuber. „Eine zentrale Herausforderung besteht darin, Informationen darüber zu erhalten, welche Kolibris welche Pflanzen bestäuben“, erklärt Catherine Graham(öffnet in neuem Fenster), Koordinatorin des Projekts Ecol of interactions von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL(öffnet in neuem Fenster). „Verschiedene Pflanzen ziehen verschiedene Kolibris an.“
Kolibriarten und spezifische Pflanzen
Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat(öffnet in neuem Fenster) finanzierten Projekts Ecol of interactions wurde versucht, mehr über die Verbindungen zwischen Kolibriarten und bestimmten Pflanzen zu erfahren. Graham betrachtete das Projekt außerdem als eine Gelegenheit, die möglichen Auswirkungen von Umweltveränderungen auf eine derart spezialisierte Art zu erforschen. Zu diesem Zweck konzentrierte sich die Projektarbeit auf drei Gebirgsregionen in Brasilien, Costa Rica und Ecuador, die unterschiedliche evolutionäre Entwicklungsgeschichten durchlaufen haben. Die Beobachtungsorte wurden entlang eines Höhengradienten eingerichtet, um die dynamische Rolle der Kolibris besser zu verstehen. „Wir haben bei diesem Projekt viel mit den Menschen vor Ort zusammengearbeitet“, betont Graham. „Wir richteten 1,5 km lange Gebiete ein, und innerhalb dieser Standorte haben die Partner Blüten bestimmt, die wahrscheinlich von Kolibris besucht werden.“ Es handelte sich meist um leuchtende Blüten mit langen Blumenkronen. Diese sorgen dafür, dass Bienen den Nektar nicht erreichen können, was jedoch die Kolibris mit ihren langen Schnäbeln und Zungen schaffen. Studierende der Universität und örtliche Hilfskräfte stellten dann Kameras auf, filmten Blüten und besuchten die Standorte in den ersten zwei Jahren jeden Monat. Alle Kameradaten wurden dann mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) analysiert.
Vielfältige geografische Regionen und Höhenlagen
Dank dieser Arbeit konnte das Team eine beeindruckende Datenbank aufbauen. „Dabei sind mehr Daten als bei jedem anderen Projekt zusammengetragen wurden“, teilt Graham mit. „Da die Tropen aber derart vielfältig sind, mangelt es uns immer noch an Daten. Dennoch konnten wir auf diese Weise große geografische Regionen und unterschiedliche Höhenlagen betrachten und dabei gleichzeitig die zeitliche Dynamik auf lokaler Ebene untersuchen.“ Seitens der Botanik wurden im Rahmen des Projekts neue Pflanzenarten entdeckt, die gesammelt und an ein Herbarium in Ecuador geschickt wurden. Zudem wurden Daten zu verschiedenen Pflanzenmerkmalen gesammelt und analysiert. Das Projektteam verglich dann Merkmale der Pflanze und des Kolibris und versuchte, ein vollständigeres Bild dieser Interaktionen über die verschiedenen Regionen hinweg zu erstellen. Die Projektarbeit hat dazu beigetragen, zu bestätigen, dass die Länge der Blüte oft mit der Länge des Schnabels eines bestimmten Kolibris korreliert. „Wir stellten außerdem fest, dass Pflanzen, die in regelmäßigen Abständen blühen, stabilere Kolibrigemeinschaften aufweisen, was darauf schließen lässt, dass sich Pflanzen und Kolibris im Lauf der Zeit gemeinsam entwickelten“, fügt Graham hinzu.
Wie verschiedene Arten mit ihrer Umwelt interagieren
Diese Arbeit hat neue Erkenntnisse darüber erbracht, wie verschiedene Arten mit ihrer Umwelt interagieren, was in Bezug auf die Entwicklung gezielter und wirksamer Schutzstrategien für die Zukunft von entscheidender Bedeutung ist. „Wenn bekannt ist, welche Pflanzen wichtig sind, ist gleichermaßen bekannt, welche Pflanzen zum Beispiel bei einem Wiederherstellungsprojekt gepflanzt werden sollten“, erklärt Graham. Alle im Zuge des Projekts gesammelten Informationen wurden an die lokalen Partner weitergegeben. In Ecuador zum Beispiel hat eine von Frauen geführte NRO in einer hochgelegenen Gemeinde damit begonnen, Pflanzen zu verkaufen, die nachweislich Kolibris anlocken, womit die biologische Vielfalt gefördert und gleichzeitig die lokale Wirtschaft angekurbelt wird. Es wurde eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen(öffnet in neuem Fenster) herausgegeben, und der Wissensaustausch zwischen europäischen und südamerikanischen Forscherinnen und Forschern wird fortgesetzt.