Zukünftige Nahrungsmittelnachfrage unter Berücksichtigung ökologischer Grenzen decken
Die Welt steht vor der zunehmenden Herausforderung, eine wachsende Bevölkerung auf nachhaltige Weise und bei minimaler Beeinträchtigung der Umwelt zu ernähren. Gleichzeitig üben verschiedene Krisen wie der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt zusätzlichen Druck auf natürliche Ressourcen wie Wasser und Land sowie auf die von ihnen abhängenden globalen Ernährungssysteme aus. Diese Fragen wurden anhand globaler Modelle, zum Beispiel für Wasser- und Bodennutzung innerhalb verschiedener Szenarien, behandelt, wobei typischerweise jedes Szenario isoliert betrachtet wurde. Einem bahnbrechenden Ansatz folgend, hat das Team des ERC-finanzierten Projekts SOS.aquaterra(öffnet in neuem Fenster) ein integriertes Lebensmittelsystemmodell entwickelt, das die Wechselwirkungen zwischen den der Nahrungsmittelerzeugung dienenden Schlüsselressourcen berücksichtigt: Wasser, Land und Nährstoffe. Dadurch war es erstmals möglich, das Potenzial mehrerer Maßnahmen zur Erhöhung der Nahrungsmittelverfügbarkeit unter Beachtung der wichtigsten Grenzen des Planeten zu betrachten.
Nutzung raumzeitlicher Datensätze sowie agronomischer und hydrologischer Modelle
„Im Rahmen des Projekts wurde ein integriertes Modell entwickelt, das offene globale Datensätze und Ergebnisse bereits existierender globaler Modelle nutzt, um zu verstehen, wie wir zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen gelangen können“, sagt Projektkoordinator Matti Kummu von der Aalto-Universität(öffnet in neuem Fenster). SOS.aquaterra-Modelle berücksichtigen Boden- und Wassernutzung. Sie ziehen außerdem den ordnungsgemäßen Kreislauf der für die Landwirtschaft wichtigen Nährstoffe (wie Stickstoff und Phosphor) sowie die Erhaltung der natürlichen Ökosysteme zur Wahrung der biologischen Vielfalt in Betracht, die beide für eine nachhaltige Nahrungsmittelerzeugung von zentraler Bedeutung sind. Außerdem standen bei der Projektarbeit multidisziplinäre Ansätze im Mittelpunkt, wobei sozioökonomische Faktoren mit den Erdsystemwissenschaften verknüpft und somit umfassende Datensätze geschaffen wurden, die die zukünftige Forschung und Politik auf verschiedenen Gebieten beeinflussen können. Obwohl dies ursprünglich nicht geplant war, „haben wir Begriffe wie ‚sicherer klimatischer Raum‘ für die Landwirtschaft eingeführt und zur Neudefinition der planetaren Süßwassergrenzen beigetragen. Diese Maßnahmen haben das Verständnis für die Auswirkungen des Klimawandels und eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung erheblich verbessert“, fährt Kummu fort. Insgesamt ermöglichten die SOS.aquaterra-Modelle die quantitative Bestimmung ‚sicherer operativer Räume“ in Bezug auf planetare Grenzen, innerhalb derer irreversible Umweltschäden einschließlich jener minimiert werden, die auf Auswirkungen auf die Klimamuster zurückzuführen sind.
Herausforderungen und Chancen in Bezug auf nachhaltige Deckung des zukünftigen Lebensmittelbedarfs
Zu den vielen bemerkenswerten Errungenschaften der Projektarbeit gehört, dass das Team gezeigt hat, wie menschliche Aktivitäten globale Süßwasserkreisläufe beeinflusst(öffnet in neuem Fenster) und damit zur globalen Wasserkrise beigetragen haben. Das Team von SOS.aquaterra war federführend an den Bemühungen um eine Überarbeitung der planetaren Süßwassergrenze beteiligt, die in die jüngste Aktualisierung der Grenzen des Planeten(öffnet in neuem Fenster) eingeflossen ist. Zudem erkundeten die Forschenden den sicheren klimatischen Raum für die Nahrungsmittelerzeugung, wobei sie nachwiesen, wie Szenarien mit hohen Emissionen jenseits sicherer klimatischer Bedingungen(öffnet in neuem Fenster) den Nahrungsmittelanbau und die Viehhaltung gefährden könnten. „Wir haben Strategien zur effizienten Ressourcennutzung ermittelt, und dabei Möglichkeiten der Kohlenstoffbindung in der Viehwirtschaft und Veränderungen in der globalen Tragfähigkeitsgrenze von Grünland erkundet“, fügt Kummu hinzu. Das Team von SOS.aquaterra untersuchte auch sozioökonomische Wege für nachhaltige Lebensmittelsysteme und bewertete Faktoren, die den Lebensmittelverlust und die Variabilität der Ernteerträge beeinflussen. Diese Forschungsarbeit mündete in der Veröffentlichung mehrerer neuer globaler subnationaler Datensätze, darunter zu Themen wie Einkommensungleichheit und Bevölkerungsmigration(öffnet in neuem Fenster).
Aktion statt Reaktion: Mit gezielten Strategien die Zukunft voraussehen
Der Code und die Daten von SOS.aquaterra sind in allen veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten offen zugänglich. Anhand der projekteigenen Modelle und Datensätze werden die Nutzenden die Wechselwirkungen von Lebensmittelsystemen dynamisch modellieren und zukünftige Herausforderungen, etwa das Ressourcenmanagement angesichts der Auswirkungen des Klimawandels, prognostizieren können, um Strategien für nachhaltige Lebensmittelsysteme zu entwickeln. „Mehr Verständnis dafür, wie die Nahrungsmittelerzeugung innerhalb der ökologischen Grenzen gesteuert werden kann, kann die Politik und die Innovation leiten, um weltweit nachhaltige Praktiken für eine langfristige Ernährungssicherheit unter sich verändernden Bedingungen zu gewährleisten“, schließt Kummu. Der bahnbrechende integrierte Ansatz von SOS.aquaterra bei dem die Grenzen des Planeten einbezogen werden, könnte der Weg sein, um die komplexen Wechselwirkungen von Lebensmittelsystemen und Klimawandel mithilfe von natürlichen Ressourcen, Nährstoffflüssen, biologischer Vielfalt und sozioökonomischen Aspekten zu bewältigen.