Schnelle, anpassungsfähige und kosteneffiziente Werkzeuge zur Enzymentdeckung
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts kommen Enzyme in kommerziellen Konsumgütern wie etwa Waschmitteln zum Einsatz. In den letzten Jahren wurde die Entdeckung neuer Enzyme vorangetrieben, die Europas Umstellung auf umweltfreundlichere und nachhaltigere Produktionsmethoden unterstützen könnten. Der Grund dafür ist, dass Enzyme über das Potenzial verfügen, industrielle Prozesse zu beschleunigen, und gleichzeitig synthetische Chemikalien auf der Basis fossiler Brennstoffe in vielen industriellen Anwendungen ersetzen können.
Plattform zur Ermittlung geeigneter Enzyme
Dieser Prozess der Entdeckung ist jedoch nicht einfach. Es ist sehr zeit- und kostenaufwendig, brauchbare Enzyme zu identifizieren sowie ihre sichere und wirksame Anwendung in Prozessen oder alltäglichen Konsumgütern zu gewährleisten. Darin liegt die Herausforderung begründet, die das Team des EU-finanzierten Projekts RADICALZ(öffnet in neuem Fenster) angehen wird. „Die Entwicklung von Enzymen ist teuer – und die Unternehmen verwenden viel Zeit und Ressourcen darauf“, erklärt Projektkoordinator Aurelio Hidalgo von der Autonomen Universität Madrid(öffnet in neuem Fenster) in Spanien. „Unser Ziel lautete, eine allgemeine Plattform zu schaffen, die auf eine Palette von Enzymen für verschiedene Anwendungen angewendet werden kann, um den Prozess um Größenordnungen billiger und schneller zu gestalten.“ Um sicherzustellen, dass die enzymunterstützten Konsumgüter vollständig dem Kreislaufprinzip entsprechen, wurden alle potenziellen Ausgangsstoffe aus Industrieabfallströmen gewonnen. Dazu zählten die Saccharoseproduktion, gebrauchte Frittieröle, Milcherzeugnisnebenprodukte und sogar Baumrinde. „Beim Aufbau einer echten Kreislaufwirtschaft(öffnet in neuem Fenster) müssen wir berücksichtigen, woher unsere Rohstoffe kommen“, fügt Hidalgo hinzu. Das Projektteam konzentrierte sich auf Fallstudien zu Endanwendungsfällen, darunter Waschmittel, Nutrazeutika und Kosmetika.
Grundlagentechnologien mit KI
Beim Verfahren selbst werden Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) genutzt, um den Identifizierungsprozess zu beschleunigen. Die KI wurde mit proprietären Daten aus einem der Projektpartner kombiniert, um genaue und effiziente Vorhersagen über die Wirksamkeit bestimmter Enzyme in bestimmten Prozessen zu treffen. Bei dem Prozess wurde auch die Mikrofluidik eingesetzt, bei der es um die Manipulation von Fluiden im Mikrometermaßstab geht. „In der Praxis bedeutet das, dass wir die Volumina tausendfach reduzieren konnten“, erklärt Hidalgo. „Das hat enorme Auswirkungen auf die Kosten, denn somit können wir eine Million Tests in wenigen Stunden für, sagen wir zehn Euro, durchführen.“ Dadurch, dass mikroskopisch kleine Tröpfchen als Reagenzgläser dienten, konnte der Bedarf an Kunststoffen für die Projektarbeit reduziert werden. Anschließend wurden Nachhaltigkeitsbewertungen von der Rohstoffbeschaffung bis hin zur Entsorgung durchgeführt. „Wir stellten hier eine Wissenslücke fest und entwickelten deshalb neue, universelle und einfache Gleichungen für diese Aufgabe“, erklärt Hidalgo.
Die Macht der Enzyme entdecken
Mithilfe der bahnbrechenden Plattform konnte das Projektteam 27 neue Inhaltsstoffe synthetisieren, die anstelle von synthetischen Chemikalien bei etlichen Konsumgütern zum Einsatz kommen können. Die Projektpartner aus der Industrie haben sich Patente gesichert. Auch als Gerüst zur Entwicklung von Mikrokapseln für Inhaltsstoffe wurden Miniaturtröpfchen verwendet. Die Idee dahinter lautet, dass die Enzymfunktion erhalten bleibt, bis sie gebraucht wird. „Allein der Nachweis der Realisierbarkeit dieser Verfahren könnte neue Investitionen nach sich ziehen“, bekräftigt Hidalgo. Die Ergebnisse des Projekts wurden in Form von Kurzberichten und wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht, wobei der Schwerpunkt auf Kindern als den Konsumierenden der Zukunft lag. Es wurde ein Comic für Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren gestaltet, während für Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schule ein digitaler Escape Room vorgesehen war. Dabei ging es darum, Rätsel zu lösen und die Macht der Enzyme zu entdecken. Zu guter Letzt wurde in Madrid eine Frühjahrsschule organisiert, um Nachwuchsforschende mit führenden Fachleuten aus Wissenschaft und Industrie zusammenzubringen und Erkenntnisse aus RADICALZ sowie aus den verwandten EU-finanzierten Projekten OXIPRO, EnXylaScope und FuturEnzyme zu diskutieren.