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Mechanobiology of the cellular circadian clock

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Mechanisch-biologische Fakten über unsere biologische Uhr

Die zirkadiane Uhr reguliert, auf welche Weise lebende Organismen auf die im 24-Stunden-Rhythmus auftretenden Schwankungen des natürlichen Lichts reagieren. Das Projekt MECHADIAN hat per Netzwerkmodell rekonstruiert, wie die Zellmechanik die beteiligten Prozesse beeinflusst.

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Die zirkadiane Uhr eines Körpers sorgt dafür, dass die benötigten Ressourcen zum optimalen Zeitpunkt bereitgestellt werden, und plant gleichzeitig Organ-, Gewebe- und Zellaktivitäten. Bei Säugetieren werden die zirkadianen Rhythmen von Genen gesteuert, wobei einige Proteine von den Genen selbst zirkadian erzeugt werden. Da diese Proteine an lebenswichtigen Zellaktivitäten wie etwa Zellzyklus und Differenzierung beteiligt sind, kann es schwerwiegende Folgen haben, wenn mit dieser Uhr etwas nicht stimmt. Nun gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass die mechanische Umgebung einer Zelle ihr Verhalten beeinflusst. So hängt beispielsweise die Progression des Zellzyklus vom zur Verfügung stehenden Platz, dem von benachbarten Zellen ausgeübten Druck und der Steifigkeit der extrazellulären Matrix ab. Diese Faktoren beeinflussen außerdem die Differenzierung einer Zelle während der Entwicklung und legen sogar fest, ob eine Zelle stirbt oder tumorös wird. Da sich zirkadiane Zellen innerhalb eines Gewebes eine gemeinsame Mikroumgebung teilen und miteinander in Verbindung stehen, untersuchte MECHADIAN mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen erstmalig, wie der Lauf der zirkadianen Uhr durch Mechanik beeinflusst wird. Bei der Betrachtung der Fibroblasten, den wichtigsten Zellen des Bindegewebes, erkannte das Team, dass das Leistungsverhalten von deren zirkadianen Uhren stark durch die mechanische Umgebung beeinflusst wird. Wurde diese Umgebung zum Beispiel durch eine Wunde geschädigt, stellte dies eine erhebliche Beeinträchtigung für die zirkadiane Uhr dar. „Durch Manipulation der Zellumgebung haben wir einen neuen Signalweg gefunden, der die zirkadiane Uhr reguliert. Daraus ergeben sich kritische Fragen wie zum Beispiel: Welche Folgen bringt eine Beeinträchtigung der zirkadianen Uhr in einem verletzten Gewebe mit sich?“, sagt Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiat und Hauptforscher Juan Francisco Abenza vom Institut für Bioengineering Katalonien.

Was die Zeit uns sagt

Die Zellen des suprachiasmatischen Kerns im Hypothalamus des Gehirns koordinieren den Tagesablauf der biologischen Teile, aus denen Säugetiere bestehen. Dieser Bereich erhält von der Netzhaut Informationen über die ungefähr herrschende Tageszeit und sendet endokrine und neurokrine Signale an die Körperzellen, damit diese „ihre Zeit einstellen“. Über eine Rückkopplungsschleife schwingt die genetische Expression dieser Zellen innerhalb eines 24-Stunden-Zyklus, der hunderte Proteine reguliert und auf diese Weise die genomische Aktivität jeder Zelle beeinflusst. Um diesen Prozess noch besser zu verstehen, setzte MECHADIAN Konfokalmikroskopie zur Untersuchung tausender einzelner NIH3T3-Fibroblastenzellen ein. In Kombination mit Mikrostrukturierungswerkzeugen konnte zum Beispiel das Mikrodrucken extrazellulärer Matrixproteine realisiert werden. Auch Wundheilungstests wurden durchgeführt. Das Team wertete die Unterschiede in der zirkadianen Genexpression von unter verschiedenen Bedingungen wachsenden Zellen statistisch aus, und achtete dabei insbesondere auf die Robustheit der zirkadianen Uhren auf Grundlage der Expression von REVERBα, einem der wichtigsten zirkadianen Proteine. „Es war eine Überraschung, dass die Zellen nach bestimmten mechanischen Veränderungen, etwa einer plötzlichen Veränderung der Zelldichte, selbst nach Versuchen, sie durch hormonelle Schocks dazu zu zwingen, nicht zirkadian wurden. Hier zeigt sich, wie einflussreich der mechanische Kontext ist“, erklärt Abenza. Eine weitere Errungenschaft war die Entdeckung des präzisen molekularen Zusammenhangs zwischen der zirkadianen Uhr und der Mechanosensorik der Zellen, d. h. der Art und Weise, wie die Zellen die mechanischen Eigenschaften ihrer Umgebung „fühlen“. Die Ergebnisse werden derzeit zur Veröffentlichung zusammengestellt.

Auf dem Weg zur Chronomedizin

Die Arbeit von MECHADIAN verdeutlicht, wie wichtig es ist, bei der Untersuchung des Zellverhaltens sowohl die zeitliche als auch die mechanische Umgebung zu berücksichtigen. Mit diesen Variablen könnten einige ungelöste biologische Rätsel gelöst werden, was für den neu entstehenden Bereich der Chronomedizin von Vorteil wäre. Hier wird versucht, den optimalen Zeitpunkt für die Medikamenteneinnahme oder chirurgische Eingriffe zu ermitteln. „Da der Mensch jenseits des natürlichen Lichts lebt, werden zunehmend die zirkadianen Rhythmen gestört, was die körperliche und geistige Gesundheit in Gefahr bringt“, fügt Abenza hinzu. „Nachdem wir nun eine Verbindung zwischen der Zellmechanik und der zirkadianen Uhr von in Zellen kultivierten Fibroblasten aufgedeckt haben, möchten wir diese in komplexeren Systemen wie beispielsweise dreidimensionalen Kulturen, Organoiden oder sogar im Körper weiter erforschen.“

Schlüsselbegriffe

MECHADIAN, zirkadian, Zelle, Uhr, Organ, Gewebe, suprachiasmatischer Kern, Nucleus suprachiasmaticus, Hypothalamus, mechanisch, Fibroblast

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