Bildung von dichtem Wasser bewegt sich westwärts und folgt der zurückweichenden Eisgrenze Grönlands
Die atlantische meridionale Umwälzbewegung ist ein System von Meeresströmungen im Atlantischen Ozean. Sie transportiert warmes, oberflächennahes Wasser aus den Tropen in die Nordmeere (Grönland, Island und Europäisches Nordmeer). Das warme Wasser kühlt ab, sinkt ab und kehrt in der Tiefe nach Süden zurück. Wenn es abkühlt, trägt die an die Atmosphäre abgegebene Wärme dazu bei, dass das Klima im Nordwesten Europas im Vergleich zu anderen Ländern derselben Breitengrade relativ mild ist. In einem sich erwärmenden Klima verändert sich die Warm-Kalt-Umwandlung des Wassers. Es ist wichtig, genauer zu erforschen, wie und wo sich das dichte Wasser bildet. Im Rahmen des über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) unterstützten Projekts SUPERFLOW sollen Antworten auf diese Fragen gefunden werden.
Dichte Wasserströmungen in der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung
Von den Nordmeeren gelangt kaltes und dichtes Wasser in den Nordatlantik, indem es in zwei tiefen Strömungen um Island herum fließt und Lücken im unterseeischen Grönland-Schottland-Rücken überströmt. Stefanie Semper, Stipendiatin der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen, von der Universität Bergen(öffnet in neuem Fenster) kommentiert: „Globale Klimamodelle lösen diese engen Strömungen nicht auf und stellen die Prozesse der Bildung von dichtem Wasser nicht besonders gut dar. Sie zu verstehen ist wichtig, um den zukünftigen Zustand der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung in Klimamodellen genauer vorhersagen zu können.“ Semper wollte herausfinden, wo sich das dichte Wasser in diesen Strömen bildet und welchen Wegen das Wasser folgt, bis es sich in die zwei Tiefenströme aufteilt.
Einzigartige Daten aus oberflächennahen Verankerungen in der Islandsee
Die nordwestliche Islandsee ist erst seit kurzem eisfrei, wodurch Beobachtungen im Winter begrenzt sind. Semper und ihr Team hatten dort 2016 eine Verankerung angebracht, an der 25 Instrumente in der gesamten Wassersäule befestigt waren. Die Verankerung befand sich unbeabsichtigt auf einem etwas flacheren Meeresboden als vorgesehen. Wie es der Zufall wollte, blieben die Instrumente in den folgenden zwei Jahren funktionsfähig und stellten einzigartige Messungen von Temperatur, Salzgehalt und Meeresströmungen bereit. Die hochauflösenden Zeitreihen halfen Semper, die jahreszeitliche Entwicklung der „Mischschicht“ mit dem Auftreten kurzfristiger atmosphärischer Ereignisse in Verbindung zu bringen. „Diese Analysen unterstützen(öffnet in neuem Fenster) zudem den Nachweis, dass die Bildung von dichtem Wasser in der Islandsee heute weiter westlich stattfindet als noch vor vierzig Jahren, als Folge des Rückzugs der Eisgrenze in Richtung Grönland und des damit verbundenen starken atmosphärischen Drucks“, erläutert Semper. Dieses dichte Wasser könnte zusammen mit dichtem Wasser aus der Grönlandsee die tiefen Hangströmungen im Norden Islands und damit den Überlauf über den Grönland-Schottland-Rücken speisen.
Die Jugend für Meeresströmungen und den Klimawandel begeistern
Als leitende Forscherin bei SUPERFLOW genoss Semper die Freiheit, ihre Forschungsinteressen zu verfolgen und ihre wissenschaftliche Karriere voranzubringen. Sie umfasste 21 Monate an der weltberühmten Woods Hole Oceanographic Institution (USA). Ein Bestandteil davon war die Weitergabe der wissenschaftlichen Erkenntnisse des Teams an junge Menschen in einem Artikel(öffnet in neuem Fenster) in „Frontiers for Young Minds“ und die Ausarbeitung einer Unterrichtsstunde für die schulische Oberstufe(öffnet in neuem Fenster) für „Teach the Earth“, einem Portal mit Ressourcen für den Erdkundeunterricht. „Die Verwendung neuer und vorhandener Beobachtungen, hochauflösender realistischer numerischer Simulationen und idealisierter Modellierung durch SUPERFLOW eröffnete neue Perspektiven auf die Quellen, Wege und die Dynamik der dichten Wasserströme, die die südliche Komponente der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung versorgen. Diese ist entscheidend für genaue Vorhersagen über die Reaktion der atlantischen meridionalen Umwälzbewegung auf den Klimawandel.“ Dadurch sind wiederum Vorhersagen über das Klima in Europa und etwaige Maßnahmen und Anpassungen möglich, die eine größere Widerstandsfähigkeit gewährleisten.